Fellow, Thomas

Medusa

for Solo Guitar

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2016
erschienen in: üben & musizieren 1/2017 , Seite 56

Thomas Fellow, der sich als vielseitiger gitarristischer Teamplayer und Autor eines sehr erfolgreichen Standardwerks für Harmonielehre und moderne Liedbegleitung (Fellow Guitar Book) etabliert hat, zeigt neue Facetten seiner musikalischen Schaffenskraft. Mit Medusa legt er eine Komposition vor, der eine ganze Reihe neuer Werke unter dem Titel „Fellow Guitar Music Collec­tion“ folgen soll.
Die Anregung für dieses Stück hat Fellow in Jugendtagen erhalten, als ihn das Bild der Medusa von Caravaggio sowie der Film Die Schrecken der Medusa „tagelang verfolgte“, wie er im Vorwort schreibt. Obsessive Rhythmen beherrschen dieses Konzertstück, das in durchlaufenden Sechzehnteln „fast and furious“  daherstürmt und dabei einige Taktwechsel verlangt. Die Scordatura der sechsten Saite zum tiefen D ermöglicht ein dunkles, kraftvolles Grummeln, über dem sich einige exponierte Töne zu  einer chromatischen Linienführung verbinden.
Es fällt auf, dass Fingersätze nur sehr sporadisch angeboten werden. Bei der Zielgruppe, an die sich dieses Stück wendet, ist das sicher nicht vonnöten, würde aber einen schnelleren Zugriff auf die Musik ermöglichen. Die Lage der Töne kann im Falle einer bestimmten Applikatur auch in der ebenfalls abgedruckten Tabulatur nachvollzogen werden (als Beispiel verweise ich auf Takt 63). Erfreulicherweise ist diese separat und nicht unter dem Notensystem wiedergegeben. Im furiosen Finale werden auch einige perkussive Techniken kombiniert mit Aufschlagsbindungen verlangt.
Insgesamt ist die spieltechnische Voraussetzung mit „advanced“ nicht untertrieben. Da es sich bei Thomas Fellow jedoch um einen versierten Experten handelt, liegen die Anforderungen aber auch im gitarrenkonformen Bereich.
Ein Zitat aus einem englischsprachigen Werk über Mythologie beschreibt den Charakter der Titelheldin als „cruel monster“, dieses Stück will wie ein solches besiegt werden. Als Lohn winkt dem Bezwinger oder der Bezwingerin ein effektvolles Konzertstück, das die Gitarre als sehr kraftvolles Instrument zeigt. Als eventuelle Nebenwirkung ist ein hartnäckiger Ohrwurm nicht auszuschließen. Auf YouTube gibt es eine fulminante Duo-Version mit zusätzlicher Perkussion auf einer dritten Gitarre. Die Grundlage ist aber dieses Solostück, von dessen mitreißendem Drive man sich schnell überzeugen kann.
Die Präsentation ist vorbildlich, der Start ist geglückt und auf weitere Bände der Reihe „Fellow Guitar Music Collec­tion“ darf man sich freuen. Angekündigt sind bereits als Vol. 2 Pocket Fantasies (Short Pieces for Solo Guitar – medium), als Vol. 3 Fingerfood (Fingerstyle Pieces and Arrangements for Solo Guitar) sowie als Vol. 4 Recital (New Music for Solo Guitar from various Composers).
Andreas Stevens-Geenen