Hofer, Maya und Pepi

„Mein Cello hat die Cellogrippe!”

Humor im Instrumentalunterricht

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 1/2020 , Seite 16

Lernen ist etwas Ernstes. Lernen ist Mühe, Anstrengung, Disziplin, Über­windung des inneren Schweinhunds. Wer im Instrumentalspiel weiterkommen möchte, braucht unzählige Stunden des Übens, Versuchens, Trainierens. Im Unterricht wird abgeliefert, es wird belohnt, aber auch getadelt und gemahnt. Davor haben viele Lernende Respekt, einige auch Angst. Sie sind ­angespannt, unsicher und fürchten das Urteil der Lehr­person. Das wiederum verschärft die Fehlerquote, frustriert und demotiviert. Ein wahrer Teufelskreis. Glücklich die, die einen Lehrer oder eine Lehrerin haben, die mit Humor unterrichten. Wie aber gelingt das?

Humor ist eine Haltung. Die Realität wird heiter betrachtet. Das schafft Distanz und Gelassenheit gegenüber einer Situation oder einem Thema, gleichzeitig auch Nähe durch die verbindende Kraft des gemeinsamen Lachens. Viele wissenschaftliche Studien belegen die physischen Veränderungen allein durch das heiter gestimmte Gesicht, das Lächeln (Mundwinkel nach oben) oder durch das Lachen. Die dadurch frei gesetzten Endorphine (Glückshormone) vermindern Stressreaktionen, bauen Spannung ab, verbessern das Immunsystem und verringern Schmerzen. Lutz Jäncke hat 2016 in verschiedenen neurologischen Experimenten zudem nachgewiesen, dass Lachen und Lächeln ansteckend sind und via Spiegelneuronen unser Belohnungs- und Lustzentrum im Gehirn aktivieren.
Ein humorvoller Unterricht bedeutet deshalb: angstfreier Raum, Heiterkeit, Ermutigung, Antrieb, Genießen, Gelassenheit und Fehlertoleranz. Humor im Unterricht bedeutet aber nicht, Witze zu erzählen oder sich lustig zu machen. Heiterkeit ist nur durch Kommunikation vermittelbar: sowohl nonverbal über Körperhaltung, Mimik, Gestik und Stimme als auch verbal über Humorhandlungen, Interventionen, Spiele, Geschichten, Metaphern, Impact-Pädagogik und vieles andere mehr.

Nonverbal

Lachen oder Lächeln sind Zeichen der Friedfertigkeit. Wir zeigen unserem Gegenüber, dass wir ihm freundlich gesinnt sind. Evolu­tionsgeschichtlich lässt sich erklären, warum wir instinktiv ständig sein Gesicht scannen: Wir wollen sicher sein, dass wir nicht unvermittelt „angegriffen“ werden. Wir suchen nach Mikrozeichen, die uns warnen und vor Aggression bewahren. Auf unbewusster Ebene geschieht so ein reger Austausch von Reiz und Reaktion. In einem Bruchteil einer Sekunde attribuiert unser Gehirn Eigenschaften wie Sympathie/Antipathie, Attraktivität oder Bedrohlichkeit. Wir spüren, ob ein Lächeln gestellt oder echt ist, wir hören in der Stimme versteckte negative (sarkastische, böse) Untertöne.
Wer echt und authentisch wirken möchte, muss also an seiner inneren Haltung gegenüber dem Schüler oder der Schülerin oder bezüglich des Unterrichts arbeiten. Eindrücklich in Erinnerung ist mir ein sehr begabter 15-jähriger Geigenschüler, der den Instrumentalunterricht abbrechen wollte. Er war der festen Überzeugung, nicht zu genügen, immer alles falsch zu machen und nichts zu können. Der Lehrer mache immer so ein griesgrämiges Gesicht, verziehe den Mund, spreche gequält, sei sehr wortkarg, das blockiere ihn völlig. Darauf angesprochen fiel der Geigenlehrer aus allen Wolken, hielt er doch seinen Schüler für sehr talentiert. Seine Eheprobleme und die daraus resultierende persönliche Krise waren die Ursachen seiner Missstimmung, die nonverbalen Zeichen waren also ausschließlich Selbstoffenbarungssignale und keine Beziehungssignale.
Wenn wir uns also immer wieder achtsam wahrnehmen und uns explizit machen, was wir nonverbal kommunizieren, könnten wir uns bewusster auf unsere Schülerinnen und Schüler fokussieren. Eine Lehrperson, die sich auf ihren Schüler und auf die Lektion freut, die neugierig darauf ist, was er mitbringt, in welcher Stimmung er ist, was er geübt hat, wird diese Zu-Neigung und das Interesse in der Körpersprache mitteilen. Wer es zudem schafft, seine Erwartungen an Leistungen oder Vermögen auszuschalten, wird nicht enttäuscht werden und kann völlig wertfrei damit arbeiten, was der Schüler mitbringt. Über Fehler darf gelacht werden, Scheitern gehört zum Lernen und wird nicht auf der Beziehungs­ebene verhandelt. Wer nicht üben konnte oder wollte, übt dann halt in der Stunde mit der Lehrkraft. Ein gutes Grundklima, Empathie und Wohlwollen tragen zur Freude an der Begegnung bei, was wiederum die Basis ist für gemeinsames Lachen.
Achtsame, humorvolle und einfühlsame pädagogische (Körper-)Haltung ist eine kommunikative Kompetenz, die wir alle lernen können. Sie führt bei den Lernenden zu Leistungsbereitschaft und erhöht die Motivation. Mit Spielen, Impact-Techniken, Geschichten und Bildern können wir auf der verbalen Ebene diesen Effekt verstärken.
Die folgenden Geschichten und Beispiele zeigen vor allem, dass Kinder dort abgeholt werden müssen, wo sie sind, um eine empathische, lernfördernde Atmosphäre herzustellen. Sie sind oft überflutet und absorbiert von Erlebnissen und Eindrücken aus ihrem alltäglichen Umfeld und Erleben. Ihre Stimmung und ihre Gefühle sind leicht seh- und spürbar, darauf kann man eingehen, damit kann gespielt werden.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2020.