Corvin, Matthias

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„Eulenburg PluScore“ – Partituren lesen, hören und bearbeiten

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 5/2015 , musikschule )) DIREKT, Seite 12

Es gibt bereits ganze Orchester oder auch einzelne Musiker, die ein schmuckes Tablet aufs Notenpult stellen und davon spielen. Doch vor allem im Unterricht und zum privaten Studium bietet das elektronische Lesen von Partituren Vorteile. Man braucht nun kein ganzes Regal voll Partituren, sondern die Dateien können platzsparend einfach auf dem Speichermedium abgelegt werden. Wie Bärenreiter (Study Score Reader) folgt auch der traditionelle Anbieter Eulenburg (Schott) nun dem Trend und entwickelte mit PluScore eine Partitur-App für Android und iOS. Ein ­gutes Programm und sicherlich die Zukunft in Schulen und Musikschulen sowie im Musikstudium. Allerdings: Ohne Strom und vollem Akku läuft natürlich nichts. Die nach wie vor erhältlichen Print-Ausgaben sind da weniger abhängig von Ladegerät und Akkustand.
Ein größeres Tablet sollte man bei solchen Partitur-Apps allerdings schon haben. Die Darstellung auf einem Smartphone oder iPhone ist zwar prinzipiell möglich, aber bei einer komplexen Partitur kaum praktikabel. Nach dem kostenlosen Download von PluScore aus den bekannten Shops (Google Play/App Store) wird der vierte Satz aus Mozarts „Jupitersinfonie“ frei zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es eine sechsseitige, didaktisch aufgebaute Einführung zum Partiturlesen mit dem Titel „Wer liest, hört mehr“. So kann man schon mal ohne Kosten einen Test starten. Beim Kauf liegen die Partituren dann zwischen 10 und 15 Euro. Momentan stehen ca. 50 Partituren zur Auswahl, gegen Ende des Jahres sollen es 100 sein. Und das Angebot soll kontinuierlich erweitert werden. Neben dem Notentext ist auch, wie in Druckausgaben, ein informatives Vorwort enthalten.
Als willkommener Zusatz werden jeder Partitur außerdem Einspielungen beigefügt (aus dem hochwertigen Katalog der Deutschen Grammophon). Bei Mozarts „Jupitersinfonie“ etwa ist das die Einspielung von Les Musiciens du Louvre unter der Leitung von Marc Minkowski (2006). Sie ist bequem über den Audioplayer der Navigationsleiste abrufbar. So kann man unterwegs – etwa im Zug – eine Partitur mit Kopfhörer studieren. Einziges Manko dabei ist, dass es keinen mitlaufenden Balken gibt, der die Seiten automatisch blättert. Vielleicht kann man das in Zukunft ändern; es wäre im Alltag jedenfalls sinnvoll.
Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Partitur wird im Musikunterricht vom Tablet des Lehrers (mit entsprechendem Adapter oder kabellos) an einen Beamer übertragen. Über den Kopfhöreranschluss (oder Bluetooth) ist der Anschluss mit einer Musikanlage oder einer Bluetoothbox möglich. Die ganze Klasse kann jetzt mitlesen und mithören, der Lehrer muss aber laufend die Seiten umblättern. Das wäre mit einem automatischen Blättermodus wie in der App Perform Pro (Paragoni) viel komfortabler. Solche Programme richten sich natürlich stärker an aufführende MusikerInnen.
Durchdachter ist die Bearbeitungsfunk­tion, mit der man in der Partitur mit verschiedenen Farben Einzeichnungen vornehmen kann. Einen breiteren Pinsel-Marker, einen feineren Stift bzw. ein Textfeld stellt die App zur Verfügung. So steht der gemeinsamen Analyse nichts im Weg. Jederzeit lassen sich die Anmerkungen mit einem Radiergummi auch schrittweise rückgängig machen. Dem Studierenden bietet diese Funktion natürlich ebenfalls Möglichkeiten, „seine“ Partitur entsprechend zu modifizieren und einzurichten. Selbstverständlich ist auch das Vergrößern oder Zoomen auf einzelne Notensysteme mit den Fingern möglich – wie man es von der Arbeit mit einem Tablet ohnehin gewohnt ist. Auch gibt es einen Übersichtsmodus zum schnellen Finden einzelner Seiten – wie in PDF-Readern.
Im „Bücherregal“ lassen sich die heruntergeladenen Partituren bequem ablegen und von dort aus starten. Insgesamt eine sehr nützliche App, die zeitgemäß ist und schon einmal das rudimentäre Lesen und Bearbeiten der Partituren erlaubt.