Hirschfeld, C. René

Meine Geigenwunderwelt. Von Wombats und Spatzenwalzern

Eine moderne Geigenschule mit Zeichnungen von Korvin Reich

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Heinrichshofen & Noetzel, Wil­helmshaven 2016
erschienen in: üben & musizieren 6/2017 , Seite 52

An Geigenschulen für AnfängerInnen mangelt es nicht. Was hat nun eine neue Schule, was andere nicht haben? In der Tat birgt C. René Hirschfelds “Geigenwunderwelt” einige Neuheiten bzw. Eigenheiten, die es in vergleichsweise traditionellen Schulen so nicht gibt. Da ist zum einen der methodische Ansatz, nicht nach Griffarten voranzuschreiten, sondern die Schule nach der Unterscheidung von Halb- und Ganztönen aufzubauen. So sucht man vergeblich nach der Einführung in das Lagenspiel, denn dieses ist, genau wie es sämtliche Griffarten sind, von Anfang an mit dabei.
Bei den ersten Leere-Saiten-Stücken bleibt es nicht lange, denn schon bald ist der Einsatz der linken Hand gefordert – und dies mit allen Fingern. Zeitnah kommt Chromatik mit ins Spiel, auch Flageoletts fehlen nicht.
Eine weitere Besonderheit stellen die fantasievollen Zeichnungen von Korvin Reich dar. Sie nehmen großen Raum ein, haben Charme und schaffen Atmosphäre, genau wie die ansprechenden Kompositionen von Hirschfeld. So bestechen Wombat Blues durch Witz und Gespensterzug um Mitternacht durch Programmatik mit Spieltechniken wie col legno battuto und sul ponticello. Meist sind die Spielstücke mit einer zweiten Stimme für Lehrende (und zum Teil Lernende) oder Klavierstimme gesetzt, sodass von Anfang an mehrstimmig musiziert werden kann.
Nach der eigentlichen Geigenschule folgt ein sehr ausführlicher Anhang, bestehend aus Begriffen der Geige/des Bogens, Übungen für linke und rechte Hand, Theorieseiten (Takt/Rhyth­mus, Intervalle, Tonarten, Quintenzirkel und Tonleitern/Dreiklänge) sowie ergänzendem Repertoire. Letzteres setzt sich aus traditionellem Liedgut zu den Jahreszeiten und Spielstücken klassischer Komponisten zusammen.
Ein großes Plus dieses Schulwerks sind zweifelsohne die Aufgaben zum Erproben und Experimentieren von Klängen und Spielweisen. Dazu gehören Aufgaben zum Transponieren in hohe Lagen, Kletter- und Klopfübungen über das ganze Griffbrett, moderne Spieltechniken usw. So bleibt die linke Hand mobil und SchülerInnen sind von Beginn an mit unterschiedlichen Arten, Klang auf ihrem Instrument zu erzeugen, vertraut. Auch das Repertoire überzeugt durch eine schöne Auswahl an Mini-Etüden, traditionellem Lied­gut und neuen Kompositionen.
Weniger gut sind die Texte: einerseits, weil sich die Ansprache an kleine Kinder richtet („Liebes Geigenkind“), dafür aber zum Teil zu schwer verständlich ist, andererseits, weil manche Spielanweisungen nicht immer ganz klar sind („Zupfe die Saiten zu zweit“ – gemeint ist zwei Saiten gleichzeitig zu zupfen; oder „Setze einen Finger der linken Hand […] auf und zupfe abwechselnd mit der leeren Saite“). Auch ist das Einführen neuer Begriffe und musiktheoretischer Lerninhalte nicht stringent: Es bleibt oft unklar, was voraus­gesetzt und was neu besprochen wird. Insgesamt schreitet die Schule sehr schnell voran. Für AnfängerInnen sind die spieltech­nischen Schritte äußerst groß.
Katharina Bradler