Winn, Robert

Melodische Übungen für Ton und Interpretation

für Querflöte

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2008
erschienen in: üben & musizieren 5/2008 , Seite 60

Zwei Hefte, ein Thema: Es geht um die Arbeit am Ton mit dazu geeignetem Material. Beide stammen aus der neuen Reihe „Essential Exercises“, die „grundlegende Studienliteratur für alle Instrumentalisten“ bieten möchte, so der Klappentext. Die wirklich hübschen Etudes mignonnes von Gariboldi sind leicht und leicht ins Ohr gehend und dürften für jede Altersstufe reizvoll sein; rhythmische und artikulatorische Feinheiten lassen sich an ihnen sehr schön erarbeiten.
Die Übehinweise des Herausgebers Stefan Albrecht werden dabei eine gute Hilfe sein. Leider erfährt man nicht, ob bei dieser Neu-Edition der vielfach verlegten Stücke auf den Text der Erstausgabe zurückgegriffen wurde, aber man möchte es gern annehmen, da der Herausgeber die Vortragsbezeichnungen genau beachtet haben will. Eine schöne und empfehlenswerte Ausgabe ist es jedenfalls geworden, die mit Dreisprachigkeit und instruktiver Aufbereitung dem Anspruch der Reihe gerecht wird.
Die Melodies for Developing Tone and Interpretation folgen den Intentionen von Marcel Moyse (Tone development through interpretation), am Beispiel großer Interpreten sich orientierend Vokales und Instrumentales systematisch auf der Flöte üben zu lassen, um deren Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern, sie konkurrenzfähig zu machen. Befremdlich „geschichtslos“ aber, dass Moyse, dieses berühmte Vorbild, mit keiner Silbe erwähnt wird.
Die Auswahl der Melodien wurde hier natürlich zeitgemäß verändert und international erweitert. Es sind 133 Beispiele von mehr als 50 Komponisten enthalten, quer durch die Literatur. Das Hauptgewicht liegt auf dem 19. Jahrhundert mit einigen kleinen Ausflügen in die U-Musik. Zahlreiche Ausschnitte aus allen möglichen Gattungen (Opern, Operetten, Lieder, Songs, Kammermusik und Orchesterwerke) sollen studiert werden, reine Flötenmusik ist mit Absicht nur in geringem Maß dabei.
So weit so gut, ein verdienstvolles Unternehmen also, dessen Realisierung jedoch einiges zu wünschen übrig lässt, nicht nur bezogen auf den Anspruch der Reihe „Essential Exercises“. Da stören nicht nur viele ärgerliche und unnötige Druckfehler und Inkonsequenzen (Noten, Pausen, Vorschlagsnotationen etc.), auch die didaktische Aufbereitung ist nicht optimal. Die nicht sehr hilfreichen Texte verfehlen im Deutschen gelegentlich leicht, aber entscheidend den Sinn, die ersten beiden deutschen Texte wurden auch gegenüber den englischen vertauscht. Atemzeichen gibt es nur sporadisch und nicht dort, wo sie gebraucht würden. Auch die Unterstützung durch (möglichst richtige) Metronomzahlen wünscht man sich häufiger, besonders für nicht so Bekanntes.
Die Arbeit mit dieser reichhaltigen und dazu sehr preiswerten Materialsammlung wird aber ungeachtet der Kritikpunkte im Flötenunterricht sehr viel Vergnügen machen und nicht zuletzt auch den musikalischen Horizont erweitern.
Ursula Pesek