Hummel, Bertold
Mimis Tastenspaß
Sechs Klavierstücke für kleine und große Enkelkinder
Klavierschüler und -lehrer dürfen sich freuen: Der Verlag Lienau hat einen neuen Band mit Stücken von Bertold Hummel – „für kleine und große Enkelkinder“ – herausgegeben. Es handelt sich um eine ansprechende Fortsetzung der Sammlung Tastenspiele und
auch bei Mimis Tastenspaß sind die Illustrationen von Ulrike Müller vergnügt und liebevoll zugleich.
Bertold Hummel studierte ab 1947 in Freiburg bei Harald Genzmer Komposition und bei Atis Teichmanis Violoncello. Er atmete den Geist der „Nachholeuphorie der Heimkehrer-Generation“, wie er es selbst formulierte, und wurde von der Aufbruchstimmung der 50er Jahre mitgerissen. Neben Genzmer boten Hindemith, Messiaen und später auch Strawinsky die Impulse, die Hummel am meisten prägten.
Im Grunde genommen stellen die späten Miniaturstücke für seine Enkelkinder eine Kompilation seines Schaffens dar. Er selbst äußerte sich einmal: „So sehe ich für unsere gegenwärtige Situation die Möglichkeit, die vielfältigen Erkenntnisse geistig aufzuarbeiten – quasi in einer Synthese dessen, was an vielseitigen Anregungen vorliegt. Meine Liebe zur Tradition und zum sinnvollen (subjektiv gesehen) Fortschritt hat immer meine musikalische Sprache geprägt.“
Hummel, der sich nie zur Avantgarde zählte und dennoch mit deren Strömungen vertraut war, verwendet in diesen Kinderstücken ein Kaleidoskop der Kompositionsmethoden – Reihen, Ostinati, modale Tonalitäten, Polytonalität, Polyfonie, Jazzbausteine etc. Dabei sind die Stückchen überaus wohlklingend und wirken keineswegs experimentell. Umso mehr sind sie – auch durch die ansprechenden Titel und Widmungen – geeignet, jüngeren SchülerInnen die Horizonte der Neuen Musik zu eröffnen.
Das Vorwort von Hummels Sohn Martin bringt eine intime Nuance mit hinein, die einen weiteren Anreiz birgt – der Anstoß für die einzelnen Kompositionen gewinnt plastische Gestalt. Dort heißt es z. B.: „Mit der Kleinen Fanfare begrüßte er Johannes Augustin am ersten Tag seines Erdendaseins.“ Nicht nur die Titel und die Widmungen lassen Schumanns Album für die Jugend durchscheinen. Vor allem die beiden Wiegenlieder erinnern in ihrer Kantabilität und Intimität an die Tonsprache dieses Komponisten.
Auch in pianistischer Hinsicht sind die Stücke pädagogisch wertvoll. Die SpielerInnen erschließen den Klavierraum, überkreuzen die Hände, lassen Melodien in andere Lagen wandern, fügen im Notenfluss einzelne Töne zum Cantabile zusammen oder lassen einfach flott und wohlartikuliert die Finger laufen – und dies alles mit einer vom Komponisten wohldurchdachten Einfachheit, die an keiner Stelle überfordert.
Mimis Tastenspaß richtet sich an SchülerInnen der oberen Elementarstufe – Kinder („jüngere und erwachsenere“) und jung gebliebene Ältere gleichermaßen – und vermag wohl jeden mit seiner schillernden Musizierfreude zu begeistern.
Barbara Pikullik