Kleeb, Jean

Mozart goes Jazz

für Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2006
erschienen in: üben & musizieren 5/2006 , Seite 65

In seinem Vorwort stellt sich Jean Kleeb die Ausgangsfrage, was Mozart und Jazz miteinander zu tun hätten. Und er gibt mit seinen Bearbeitungen von acht Mozart-Stücken für Klavier zur Antwort: nichts. Seinen Anspruch, „beide Richtungen in neues Licht“ zu tauchen und „voneinander inspirieren zu lassen“, verfehlt er deutlich. Der Jazz wird nicht ernst genommen. Mal hier eine Mozart-Melodie zu triolisieren oder dort einige Sept- oder Quartenakkorde einzustreuen – dadurch entsteht kein Jazz.
Der Autor bleibt fast sklavisch an den Vorlagen hängen, er traut sich kaum, aus mozartscher Melodik eine jazztypische zu entwickeln, Passagen ausnotierter Improvisationen sind rar. Statt dessen paraphrasiert er die Originale, ein Rondo bleibt ein Rondo (KV 545), selbst Variationen – eine große Chance für Neues und Eigenes – werden von Mozart übernommen (1. Satz der A-Dur-Sonate KV 331 und Ah, vous dirai-je, Maman KV 265). Dass der Blues eine eigene Form entwickelte, findet keine Beachtung; die Chorstelle „Das klinget so herrlich“ aus der Zauberflöte als Ragtime oder Boogie anzubieten, bleibt rein äußerlich und im Witz doch etwas verstaubt. Schon dankbar muss man über das Zitat der Bossa Nova-Melodie Manha de Carneval als Verwandte des Themas des langsamen Satzes des Klarinettenkonzerts sein. Origineller ist es, den türkischen Marsch in Bartók-Nähe zu rücken, nur freilich führt auch dies nicht zum Jazz. Eine eingestreute Eigenkomposition ist recht hübsch, trägt aber mit „Jazz-Sonatine“ einen falschen Titel, da diese Form nicht vorliegt.
Kleebs Harmonik erscheint vereinzelt zweifelhaft, der Klaviersatz ist recht einseitig: Meist wird die rechte Hand zum einstimmigen Melodiespiel genutzt, die linke Hand bekommt oft Akkorde. Die Notation wirkt mit Triolen und Punktierungen zuweilen umständlich, nicht immer wird klar, was im Swing zu spielen ist. Erinnerungen an geltende Vorzeichen in einem Folgetakt fehlen. Die Titelauswahl zeigt nur Populäres von Mozart in „seinem“ Jahr. JazzpianistInnen benötigen diesen Band nicht, und die klassischen bleiben besser beim Original.
Christian Kuntze-Krakau