Mauser, Siegfried

Mozarts Klaviersonaten

Ein musikalischer Werkführer

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: C. H. Beck, München 2014
erschienen in: üben & musizieren 1/2015 , Seite 51

Recht einseitig nahm die Nachwelt des 19. und 20. Jahrhunderts Mozarts Klaviersonaten wahr. Unter dem Eindruck von Beethovens Musiksprache favorisierte sie in der Konzertpraxis die dramatischen Moll-Werke gegenüber dem leichtgewichtig Spielerischen wie der „Sonata facile“, die bloßes Übungsmaterial für KlavierschülerInnen zu sein schien. Was darüber hinaus Popularität erlangen konnte, war allenfalls noch das Pittoreske, wie Mozart es Spielern und Hörern mit dem „Alla turca“-Finale der A-Dur-Sonate KV 331 bot.
Demgegenüber Mozarts gesamtes Klaviersonaten-Schaffen in seiner Eigenart und seinem Eigenwert zu begreifen, ist das Ziel des vorliegenden Bandes aus der „Wissen“-Reihe des C.H.Beck-Verlags, den Siegfried Mauser verfasst hat. Mauser, gleichermaßen bekannt als Pianist wie als eloquenter Musikwissenschaftler, ist für diese Aufgabe prädestiniert: spielte er doch erst jüngst sämtliche Klaviersonaten Mozarts ein und beschäftigte sich für seine Interpretation (die gleichwohl moderne Konzertflügel benutzt) intensiv mit den historischen Voraussetzungen, was Instrumente und Spielweisen betrifft.
Einer „Vorgeschichte“, welche den Ausgangspunkt von Mozarts Sonatenschaffen zwischen italienischen, Wiener und Pariser Vorbildern nebst demjenigen Johann Christian Bachs skizziert, folgt in Mausers chronologischem Abriss der „Prolog“ der „begleiteten“ Sonaten KV 6-15 und 26-31, die in der Neuen Mozart-Ausgabe unter den Violin­sonaten bzw. Klaviertrios eingereiht sind.
In drei zeitlich relativ geschlossenen Phasen entsteht dann das eigentliche Sonatenwerk. Mauser gliedert es in die frühen Münchner Sonaten KV 279-284, denen die aus Mannheim und Paris im Zeichen „präziser Charakterisierungskunst“ und „formaler Souveränität“ folgen. Ebenso zur zweiten Phase rechnet Mauser unter dem Obertitel „Ausgewogene Proportionen und instrumentale Kantabiliät“ die Werke KV 330-333. Von ihnen grenzt er die späten Wiener Sonaten ab, die durch „erhöhte Individualisierung und verstärkte Autonomie“ neue Wege einschlagen.
Dass Mausers konzise, doch gehaltvolle Einzel-Werkbeschreibungen aus Umfangsgründen keine Notenbeispiele enthalten, ist bei der leichten Zugänglichkeit des Notenmaterials verschmerzbar. Fast wichtiger als die Einzelanalysen sind die nachfolgenden Kapitel, besonders jenes zur „Ausführung“, wo der Instrumentengebrauch der Mozart-Zeit im Übergang vom Cembalo zum Hammerklavier und die zeitgenössischen Spiel- und Verzierungsmanieren beschrieben werden.
Ein Abschnitt zur „Ästhetik“ weist nochmals zusammenfassend auf die „theatrale Dimen­sion“ hin, die für Mauser trotz pianistischer Aspekte das Eigentliche von Mozarts Klaviersonatenkunst ausmacht. Ein Epilog zur Rezeption schließt den Haupt­teil ab, dem noch Hinweise zu Gesamteinspielungen folgen.
Gerhard Dietel