Maute, Matthias

Musik, die (sich) bewegt

Bausteine der Spielfreude

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 5/2011 , Seite 18

Matthias Maute demonstriert an­hand einiger musikalisch reizvoller und didaktisch modellhafter Beispie­le aus dem Blockflötenrepertoire, wie ein persönlicher Umgang mit dem Notentext die Spielfreude anfachen kann. Es versteht sich von selbst, dass diese Beispiele auch auf allen anderen Blasinstrumenten spielbar sind.

Die Musik des Abendlands hat sich im Lauf der Jahrhunderte so stark verändert, dass es schwerfällt, zwischen einem einstimmigen Stück des frühen Mittelalters und zeitgenössischer Solomusik Parallelen zu ziehen. Und doch sind wir mit dieser Situation im Unterricht oft konfrontiert. Da wir im Geiste der Kriterien des im 19. Jahrhunderts gegründeten „Conservatoire“ erzogen worden sind, beschränken wir uns bei der Interpretation solcher zeitlich weit auseinander liegenden Werke oft auf eines der Hauptmerkmale dieses auf Uniformität und Unterordnung unter den Willen des Komponisten abzielenden Erziehungsstils: Wir spielen die Musik, wie sie geschrieben steht. Der so genannten absoluten Musik wird durch diese Buchstabentreue der ihr gebührende Respekt gezollt. Nun ist es jedoch so, dass ein großer Teil des Repertoires von Blasinstrumenten aus einer Zeit stammt, als es die Idee der absoluten Musik noch nicht gab (oder nicht mehr gibt), sodass Buchstabentreue nicht weiterhilft.

Lamento di Tristano

Das aus einem italienischen Manuskript des 14. Jahrhunderts stammende Lamento di Tris­tano hat einen viel versprechenden Titel, mit dem sich viele Assoziationen verknüpfen lassen. Beim Durchspielen ernüchtert es allerdings, dass die Musik wenig mit unserer Vorstellung eines gefühlvollen Lamentos zu tun hat: Der äolische Modus lässt sich zwar als melancholisches Moll ­lesen, die melodischen Kreisbewegungen scheinen aber wenig Richtung zu haben. Von den von uns Heutigen so begehrten Dissonanzen, die das Lamento zum Klagegesang machen, ist keine Spur zu finden. Ist die Musik vielleicht einfallslos oder haben wir etwas falsch gemacht?

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