Herbst, Sebastian
Musikalische Aktivität und Herkunft
Kommentar
Jugendliche in Deutschland werden musikalisch aktiver. Dennoch hängt die musikalische Aktivität weiterhin deutlich von Bildung und Einkommen der Eltern sowie von der besuchten Schulform der Jugendlichen ab, wie die Studie „Jugend und Musik“ der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Deutschen Musikrat zeigt (www.bertelsmann-stiftung.de > Suchbegriff: Studie Jugend und Musik). Auf Grundlage des Jugendfragebogens des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) wurden die Antworten von 6256 Siebzehnjährigen zwischen 2001 und 2015 zur musikalischen Aktivität einer Sekundäranalyse unterzogen.
Während 97,3% aller Befragten angeben, mindestens wöchentlich Musik zu hören, geben 24,4% an, aktiv zu singen oder ein Instrument zu spielen. Nur 16,9% aller aktiv Musizierenden erhalten oder erhielten dazu bezahlten Musikunterricht. Das Alter des Beginns liegt im Mittel bei 9,34 Jahren. Fast die Hälfte der aktiv Musizierenden spielen alleine oder mit einer Lehrkraft (46,6%), 21,6% sind im Chor oder Orchester, 20,8% in einer Musikgruppe bzw. Band und 11,1% in einer anderen Zusammensetzung. Seit der Jahrtausendwende ist jedoch ein deutlicher Aufwärtstrend bei den aktiv Musizierenden (2015: 28,7%) sowie beim bezahlten Musikunterricht (2015: 19,7%) zu beobachten.
Insgesamt zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Hintergrund und der musikalischen Aktivität. Beispielsweise verdoppelt ein gymnasialer Abschluss des Vaters die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder musikalisch aktiv sind. Aufgrund der vorliegenden Daten ist es zudem dreimal wahrscheinlicher, dass Jugendliche ohne Migrationshintergrund musikalisch aktiv sind. Das Einkommen der Eltern ist hingegen kein signifikanter Faktor für musikalische Aktivitäten im Allgemeinen, sehr wohl aber signifikant in Bezug auf bezahlten Musikunterricht. Hier kommen auf jeden Hauptschüler mit bezahltem Musikunterricht neun Gymnasiasten, die bezahlten Musikunterricht erhalten.
Auch wenn auf Grundlage der Ergebnisse bereits positive Auswirkungen musikalischer Bildungsprogramme in den Grundschulen zu vermuten sind, zeigt sich, dass musikalische Praxen für Jugendliche in ungleicher Weise zugänglich sind. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die Studie „Eltern/Kinder/Kulturelle Bildung. Horizont 2017“ des Rats für Kulturelle Bildung (www.rat-kulturelle-bildung.de > Publikationen > Studien). Es gibt also noch viel zu tun: flexible und bedarfsgerechte Verteilung der Fördermittel für benachteiligte Jugendliche, Kooperationen von Musikschulen mit Ganztagsschulen und Kitas, Verringerung des bürokratischen Aufwands auf allen Seiten, Abbau von Sprachbarrieren…