Behschnitt, Rüdiger

Musizieren und Glück

Glück als Zielperspektive im Musizierunterricht? – Ein Berliner Symposium suchte Antworten

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 5/2015 , Seite 42

Kann man Glück lernen? Immerhin wird seit 2007 an ausgewählten Schulen in Deutschland und Österreich das Schulfach „Glück“ unterrichtet. Doch steht dies nicht im Widerspruch dazu, dass Glück im Allgemeinen als nicht fassbarer, unverfügbarer Moment angesehen wird? Ein Zustand, der nicht gezielt hervorgerufen werden kann, sondern der uns „zufällt“?
Dass Musizieren glücklich machen kann, steht für alle, die singen oder ein Instrument spielen, außer Frage. Doch was genau ist Glück? Und vor allem: (Wie) können Lehrkräfte ihren SchülerInnen Glücksmomente zuteil werden lassen? In seinem Buch Wege zum Musizieren hat Ulrich Mahlert, Professor für Musikpädagogik und Leiter des Studiengangs Künst­lerisch-pädagogische Ausbildung an der Universität der Künste Berlin, 2011 als erster Autor Glück als mögliche Zielperspektive von Musizierunterricht in den instrumentalpädagogischen Diskurs eingebracht. Anlässlich seines 65. Geburtstags versuchte das Symposium „Musizieren und Glück“ – organisiert von Katharina Bradler, Michael Dartsch und Andrea Welte sowie veranstaltet von der UdK Berlin in Kooperation mit der Stiftung Brandenburger Tor, der Pro Musica Viva/Maria Strecker Daelen-Stiftung und der Friedrich-Stiftung – diesen Fragen nach­zugehen.
Die Schwierigkeit, über so etwas wie Glück zu sprechen, fand womöglich ihren Niederschlag darin, dass sich gleich zwei der vier Vorträge mit den neurophysiologischen Grund­lagen von Glücksgefühlen beschäftigten. Ein Versuch der VeranstalterInnen, den schwierigen Glücksdiskurs auf eine wissenschaftliche Basis zu setzen? Letztendlich erwies sich diese starke Gewichtung als gute Entscheidung, bildeten doch die beiden Vorträge von Nicolai Petrat und Eckart Altenmüller nicht nur durch die organisatorische Platzierung zu Beginn und zum Ende des Symposiums einen Rahmen für die Veranstaltung.
Unter der Fragestellung „Alles nur neuro?“ erläuterte Nicolai Petrat, Professor für Didaktik der Musik an der Hochschule für Musik und Theater Rostock, wie unser „Musik-Ins­tinkt“ aus verhaltensbiologisch entwickelten Prinzipien der auditiven Wahrnehmungsverarbeitung resultiert. Unser Gehirn mag keine Überraschungen, denn die konnten zu Beginn unserer Entwicklungsgeschichte schnell tödlich sein (Säbelzahntiger…). Daher bemüht sich unser Hirn, Strukturen herzustellen und zu antizipieren (Metren, Rhythmen) sowie Intensitäten wahrzunehmen und räum­liche Distanzen zu analysieren (Dynamik). Glücksgefühle sind dabei die mittels Botenstoffen übermittelte Belohnung für die Bewältigung von akustischen Überraschungen: ein Signal für die richtige Richtung zum Überleben.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 5/2015.