Heumann, Hans-Günter
Mystery Piano
20 geheimnisvolle leichte Klavierstücke, mit CD
Hans-Günter Heumann fügt mit Mystery Piano seinen zahlreichen klavierpädagogischen Veröffentlichungen einen weiteren Band hinzu. Sämtliche Stücke tragen Titel, die sich auf Sagenumwobenes und Geheimnisvolles beziehen, z. B. Nessie, das Wasserungeheuer oder Die große Cheops-Pyramide.
Beim Zielpublikum, jüngeren KlavierschülerInnen des zweiten oder dritten Unterrichtsjahres, könnte ein „Kopfkino“ in Gang gesetzt werden, um aus dem Zusammenwirken von Titel, Hintergrund und Klavierstück Bilder beziehungsweise Filmbilder zu evozieren. Es könnten sich auch Recherchen anbieten, um mehr über den Hintergrund zu erfahren, z. B. bei Aztekenschatz oder Maori Tatoos.
Heumanns Stücke sind recht leicht zu spielen – eine Ausnahme bildet Secret Dungeon, hier hat die linke Hand als Begleitmodell rasch hintereinander Basston, Akkordnachschlag und eine verdoppelnde Figur –, eine Oktavspanne wird vorausgesetzt, ebenso Pedalgebrauch, der hier viel genutzt wird. Heumann verwendet häufiger Ostinati, Bordunquinten sowie Dreh- und Pendelfiguren. Neben Dur-Moll-Tonalem und Modalem erscheinen Ganztonleitern. Auch Cluster und ein Flageolett tauchen auf. In einigen Titeln wird durch das Wandern der Septime oder Sexte Spannung erzeugt sowie durch extreme Lagenwechsel (Verhextes Bermuda-Dreieck).
Passagenweise bildet seine Musik eine bewegte Folie, hier mag die aktuelle Tendenz, Filmmusik zu spielen, Pate gestanden haben. Heumann knüpft auch an Gewohnheiten aus der Musik im Fernsehen an: Melodisches steht kaum im Vordergrund. Der Kobold erhält einen Musette-Walzer, die Inkas erscheinen mit einer flötenartigen Melodie, die Katakomben werden mit einem eher traditionellen Trauermarsch dargestellt. Vorbilder wie Grieg oder Tschaikowsky schwingen zuweilen mit. Die Formbildung ist variabel, sie reicht von Variation über Dreiteiligkeit bis zu freien Bildungen.
Der Notensatz ist sehr klar gehalten, einige Fingersätze sind angegeben, allerdings fehlen sie zuweilen an Stellen, die Fragen aufwerfen, z. B. beim Spielen verschobener Quinten.
Heumanns Ziel ist es, kurze Stücke für den ersten Vortrag zu liefern: Das ist ihm gelungen. Das Auswendiglernen könnte durch viele, nicht immer identische Wiederholungen von Passagen etwas erschwert werden.
Im Vorwort präsentiert sich Heumann als Werbender in eigener Sache. Die interessanten Titelgebungen führen gewiss dazu, zu klanglich vielfältigen Ergebnissen zu kommen. Die Einspielung auf der beigefügten CD erscheint zuweilen klanglich recht hart. Nicht vorgesehen ist die Möglichkeit, selbst aus gegebenen Materialien eigene Lösungen zu entwickeln, auch improvisatorisch wirkende Abschnitte werden genau ausnotiert. Manche Sujets hätten mit etwas mehr Experimentierfreude gestaltet werden können, doch geben Heumanns Stücke stets deutlich die angestrebte Assoziationsbreite wieder, die dieses Heft interessant macht.
Christian Kuntze-Krakau