Bach, Johann Sebastian

Neun Sätze aus der Bauernkantate BWV 212

Bearbeitung als Suite für Klavier/Cembalo zu vier Händen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Klaus Reinhardt, Ritterhude 2006
erschienen in: üben & musizieren 1/2007 , Seite 64

Am besten lernt der Mensch (und insbesondere der junge!) durch eigene Erfahrung. Diese Tatsache war es wohl unter anderem, die Klaus Reinhardt veranlasst hat, neun Sätze aus der so genannten Bauernkantate BWV 212 Mer hahn en neue Oberkeet von Johann Sebastian Bach für Klavier zu vier Händen zu setzen und im Eigenverlag herauszugeben.
Diese Sätze bieten sich zu solchem Zweck nicht nur wegen ihrer eher schmalen Besetzung (Streicher, gelegentlich ein Horn) geradezu von selbst an, sondern auch aufgrund ihrer rhythmischen und harmonischen Originalität und Vielfältigkeit, der häufig vorkommenden Tanzrhythmen und der eingängigen Melodik. Entsprechend dieses schon bei Bach relativ schlanken Satzes beschränkt sich der Autor in seiner Fassung auf meist maximal vierstimmige Wiedergabe, die die Luzidität der Musik auch auf dem Klavier gewährleistet.
Ziel ist dabei nicht unbedingt eine möglichst historisch korrekte Version (die sich ja schon durch die Option des Klaviers verbietet); so ergänzt Reinhardt gelegentlich Vortragszeichen zu Tempo und Dynamik, schlägt Verzierungen vor, einmal sogar eine Ergänzung der Unisono-Melodie durch eine Oberstimme, kennzeichnet solche Hinzufügungen jedoch. Ebenfalls ergänzte Artikulationshinweise allerdings sind ohne spezielle Kennzeichnung gesetzt – nichtsdestotrotz natürlich bei einer instrumentalen Fassung vokaler Musik unabdingbar, da dem des textunterlegten Originals unkundigen Spieler eine sinnige Phrasierung sonst schwerfallen dürfte.
Die bachsche Wahl der Tonarten wird durch das Auslassen von Rezitativen und sonstigen Nummern naturgemäß in Frage gestellt. Hier erreicht Reinhardt durch Transposition eines Satzes um einen Ton nach oben im Sinne einer Suite die fast vollständige Konzentration auf Kreuztonarten– gerade für die Interpretation auf einem nicht gleichschwebend gestimmten Cembalo ein sehr interessanter Aspekt. Nicht ganz einleuchtend erscheint dabei, dass der abschließende F-Dur-Chor nicht auch noch nach G verlegt wurde. Die Themen der Sinfonia und die in ihrer Liedhaftigkeit ja ohnehin sehr leicht heraushörbaren Gesangslinien der Arien platziert der Autor hauptsächlich in die Oberstimme und bleibt somit wieder nahe am Original.
Der Notensatz ist klar, meist recht großzügig und gut lesbar gehalten. Taktzahlen sind vorhanden, Fingersätze fehlen; kritische Blätterstellen sind nach Möglichkeit vermieden. Die gesamte Ausgabe – meist übrigens in der Aufteilung: erster Spieler Violinschlüssel, zweiter Spieler Bassschlüssel gehalten – lässt sich rein notentechnisch auch schon von PianistInnen der Mittelstufe meistern; ein Problem könnte dabei höchstens bei den flotteren Tempi entstehen, die eventuell etwas zu drosseln wären. Somit bietet sich hier die Chance, auch den im barocken Vokalrepertoire unbeleckten SchülerInnen ohne Ambitionen auf Konzertbesuch oder Klassik-CD-Konsum ein höchst amüsantes Werk auf die gründlichst-mögliche Weise nahe zu bringen: durch eigene Erarbeitung.
Andrea Braun