Steffes-Holländer, Klaus
Nicht nur an Tasten
Neue Spieltechniken für Klavier
In vielen Klavierwerken der vergangenen Jahrzehnte werden neben für traditionell ausgebildete PianistInnen ungewohnten Spieltechniken auf der Klaviatur auch zahlreiche Klangproduktionen im Innenraum des Flügels verlangt. Klaus Steffes-Holländer, in langjähriger künstlerischer und pädagogischer Praxis genauestens vertraut mit neuer Klaviermusik und ihren speziellen Anforderungen, gibt in seinem Buch eine Summe seines Wissens und seiner Erfahrungen bei der Realisierung der vielfältigen Aufgaben, die SpielerInnen beim Studium und der Aufführung avancierter Klavierwerke gestellt sind. Zudem bezieht er in seine Ausführungen vielerlei Hinweise und Notierungseigenheiten verschiedener Komponisten ein, mit denen er zusammengearbeitet hat. Wer ein Kompendium zu diversen Spieltechniken im Klangkörper des Flügels und Lösungen für spezielle Aktionen sucht, wird in diesem Buch fündig werden.
In 13 Kapiteln behandelt Steffes-Holländer systematisch die Bauteile des Flügels und die Techniken ihrer klanglichen Nutzung. Detailliert vermittelt er ein Wissen, das wohl dem Klavierbauer, selten aber dem ausführenden Pianisten zu Gebote steht, das jedoch für die Realisierung vieler Aktionen im Flügelinnenraum unverzichtbar ist. Eingehend beschäftigt er sich mit dem Anbringen und Entfernen von Etiketten, Pizzicatos, Glissandos, Dämpfung von Klängen sowie diversen Präparationen. Ebenfalls eingehend erklärt werden die Ausführung von Flageoletts, das Spiel mit Schlägeln, Schlag- und Reibeeffekte, Pedaltechniken und Cluster.
Die Erläuterung zahlreicher Hilfsmittel wie E-Bow, Bottleneck, Bogenhaare, Angelschnur, Arcoschiene, Fahrradschlauchstücke, Spezialnotenpult, Motorised Piano und Mikadostäbe erweitert das Spektrum des Hervorbringens spezieller Klangeffekte. Auch leitet Steffes-Holländer dazu an, verschiedene Hilfsmittel aus geeigneten Materialien selbst zu bauen.
Ein Kapitel über neuartige Tasteninstrumente (Yamaha-Disklavier, Steinway Spirio, Electromagnetic piano, Transducer-Flügel) und die mit ihnen vorstellbaren Zukunftsmusiken erweitert die überaus gründliche Aufarbeitung all dessen, was mit dem modernen Flügel an klanglichen Kreationen möglich ist.
Wer die wohlerwogenen Hinweise des Autors in der Praxis umsetzt, wird schonend mit dem benutzten Instrument umgehen. Dies geschieht bis dato nicht immer, weshalb von Konzertveranstaltern Präparationen und Aktionen im Flügelinnenraum häufig nicht gern gesehen oder gar untersagt werden. Nicht zuletzt will der Autor mit seinem Buch „auch zur Versöhnung zwischen Klavierbauer, Veranstalter, Komponist und Pianist“ beitragen.
Eine wertvolle Hilfe zu den knapp und klar gehaltenen Ausführungen bieten viele vorzügliche Abbildungen, Notenbeispiele und Grafiken. Schriftbild und Druckqualität sind mustergültig. Dieses Buch hat die Qualität eines exzellenten Standardwerks.
Ulrich Mahlert