Wagner, Karin / Anton Voigt (Hg.)

notations 1985 – 2015

Texte zu Klavierdidaktik, Werkgeschichte und Interpretation, mit CD

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Universal Edition, Wien 2015
erschienen in: üben & musizieren 6/2016 , Seite 49

Das Buch entstand aus Anlass des 30-jährigen Bestehens der EPTA Österreich. Es dokumentiert in 30 ausgewählten Kongressbeiträgen das breite Themenspektrum sowie die hohe fach­liche Qualität der Veranstaltungen. Ulrich Mahlert (1992) reflektiert die Möglichkeiten und Schwierigkeiten des Umgangs mit Neuer Musik im Klavierunterricht. Er beschreibt verschiedene Arten von moderner Musik und die sich daraus ergebenden pädagogischen Ansätze. Diese können seiner Auffassung nach im Unterricht mit Kindern aber nur in dem Maße fruchtbar werden, wie Lehrende sie für sich selbst als bedeutsam erleben und kreativ damit umgehen können. Konrad Meister (1987) geht der Frage nach, ob es eine ­„ideale“, allgemein gültige Klaviertechnik geben könne. Angesichts der sehr individuellen ­Bewegungsformen großer Pianisten wie Glenn Gould und ­Alfred Brendel plädiert er dafür, das höchste Ideal künstlerischer Arbeit nicht in „konfliktfreier Gelöstheit“ zu sehen, sondern eher im „Menschen mit seinem Widerspruch“.
Roland Voit (2010) berichtet über seinen Unterricht mit ­geistig behinderten Schülern. Anhand von vier Schülerporträts wird deutlich, wie flexibel er als Lehrer auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen eingeht und welch große Bereicherung das Klavierspiel für die Schüler sein kann. Martin Rembeck (2010) stellt grundsätzliche Überlegungen zu seiner zwei Jahre später erschienenen Klavierschule „für Sehende und Blinde“ vor (Klavierlernen Punkt für Punkt, 2012). Er begründet, wie wichtig die Braille-Notenschrift für eine fundierte musikalische Ausbildung blinder Schüler sei, und zeigt deren Grundzüge auf.
Peter Röbke (2014) reflektiert anhand ausgewählter Beispiele die „Herausforderungen, Möglichkeiten und Grenzen des Interpretierens“. Die darauffolgenden Beiträge beleuchten den musikalischen Ausdruck im Wandel der Ideale (Walter Groppenberger, 1998) sowie verschiedene Aspekte der historischen Aufführungspraxis.
Ein weiterer Schwerpunkt ­des Buchs ist einzelnen Kompo­nis­tInnen und Werken gewidmet. Uta Goebl-Streicher (2010) stellt die Aufzeichnungen der Pianistin Friederike Müller über ihren ­Unterricht bei Frédéric Chopin vor, die einen lebendigen Eindruck von dessen künstlerisch-pädagogischer Arbeit vermitteln. Spannend ist auch der Beitrag von Anton Voigt (2001) über die drei Klavierstücke op. 11 von Arnold Schönberg. Das Werk war Anlass für einen Briefwechsel zwischen Schönberg und Ferruccio Busoni, der die unterschiedlichen ästhetischen Positionen beider Künstler sowie deren große gegenseitige Wertschätzung dokumentiert.
Sigrid Naumann