Spiekermann, Reinhild

Notenbücher für kleine Leute

Neue Formen für Klassenvorspiele

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 6/2012 , Seite 34

Eigentlich sollten sie längst ausgestorben sein: Klassenvorspiele, in denen ein Schüler nach dem anderen die Bühne betritt, sein Stück vorträgt und unter dem Applaus der anwesenden Verwandtschaft wieder abtritt. Die Darbietung ist mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad organisiert, sodass der jugendliche Interpret anhand des Auftrittszeitpunkts seinen “Stellenwert” in der Klasse ableiten kann. So schlimm ist es heute nicht mehr? Mag sein…

Pfiffige Ideen zur alternativen Gestaltung von Klassenvorspielen sind immer noch rar. Zudem müssen sie von der Lehrkraft gefunden oder selbst entwickelt und natürlich erprobt werden. Im Seminar „Fachdidaktik/-methodik Klavier“ an der Hochschule für Musik Detmold machten sich Studierende deshalb Gedanken, welche Möglichkeiten eine Klavierlehrerin oder ein Klavierlehrer mit größerer Klasse (alternativ ein Team von KlavierlehrerInnen) hat, ein Vorspiel „besonders“, jedoch mit realistischem Aufwand zu gestalten. Die entwickelte und anschließend in Kooperation mit Klavierklassen der Johannes-Brahms-Schule (der städtischen Musikschule der Stadt Detmold) umgesetzte Idee möchte ich exemplarisch vorstellen.
Ziel war die Beteiligung möglichst vieler junger SchülerInnen bzw. die Option, darüber hinaus bei Bedarf auch Spielerinnen und Spieler aller Alters- und Leistungsstufen einbinden zu können. Die Spielliteratur wurde vorab auf das 19. Jahrhundert begrenzt, ist es doch eine Fundgrube für Stücke, die in inst­ruktiver Absicht für heranwachsende Klavierspieler komponiert wurden. Inspiriert von Carl Reineckes Titel Ein neues Notenbuch für kleine Leute machten wir uns auf die Suche nach „Notenbüchern für kleine Leute“, aus denen musiziert werden sollte.
In einem Brainstorming entstand zunächst die Idee, eine zentrale Gestalt in Form einer historischen Figur durch das Konzert führen zu lassen; spontan fielen Namen wie Clara oder Robert Schumann. Dann aber keimte der Gedanke auf, eine moderne Figur mit der Hauptrolle zu betrauen, um das Spannungsfeld zwischen 19. und 21. Jahrhundert zu beleuchten und somit aktuelle Bezüge zu ermöglichen.
Es entstand ein regelrechtes Drehbuch, in dem eine rasende Reporterin und drei historische Gestalten – in Zitaten redend – für eine unerwartete Geschichte im Schülerkonzert sorgten. Dass sich im 19. Jahrhundert die Aspekte „Technikdrill“ bzw. „Spielstücke zur Erholung“ komplementär zueinander verhielten, machten wir uns für die Konstruktion des Konzerts zu Nutze. Nachfolgend möchte ich kurz unsere „Story“ schildern, jedoch sind an vielen Stellen Abwandlungen oder Ergänzungen denkbar, je nach persönlicher Situation vor Ort.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2012.