Nur für Anfänger: Gesang

In sehr persönlich gehaltenem Ton wendet sich Kara Farim an ihre LeserInnen, die „sich über die puren Anfänge des Singen-Lernens hinaus schon zutrauen, einzelne Songs etwas detaillierter zu bearbeiten“. Auf drei Seiten gibt die Autorin ein paar Tipps zu „Pflege und Erhalt deiner Stimme“, die im Wesentlichen nicht über das gängige Repertoire der Stimmbildung hi­nausgehen, um sich dann zwölf Popsongs zuzuwenden. Zu jedem Song gibt es einleitende Hinweise, in denen es um den Inhalt und den Charakter des Songs, um musikalische Details, den angemessenen Vortrag und stimmtechnische Besonderheiten geht. Kara Farim spricht jeweils von „Workout-Songs“ und will damit offenkundig klarmachen, dass es um die intensive Arbeit an einem Song geht, die durch die beiliegende CD unterstützt werden soll.
Es liegt in der Natur des Mediums Buch, dass die LeserInnen mitunter etwas ratlos sein werden, wenn Begriffe wie „tonale Schleife“ als „Aneinanderreihung von Tönen innerhalb eines Wortes“ erklärt werden oder ein Tipp wie „Hier kannst du diesem textlichen Ruf nach Wärme, Zärtlichkeit und Sicherheit sozusagen mit kontroversem Einsatz der Stimme in Form von Druck und Lautstärke Nachdruck verleihen“ eigentlich ein Gegenüber erfordert, das Nachfragen ermöglichen würde. In der realen Begegnung von Kundigem und Anfänger, im lebendigen Dialog ist möglich, was in verschriftlichter Form zumindest nicht gesichert ist: die Anleitung durch das Vorbild der Autorin. Und so bleibt trotz aller Lebendigkeit in der Darstellung, trotz des ermutigenden, mitunter ein bisschen zu vertraulichen Tons der Ausfüh­rungen doch immer noch ein Rest an Unsicherheit, ob man es denn richtig gemacht hat.
Junge Menschen, an die sich die Veröffentlichung offenkundig wendet, orientieren sich am Vorbild auf dem Tonträger, versuchen diesem imitierend nachzueifern und brauchen dazu sicher auch das kontrollierende, stützende und weiterhelfende Gegenüber. Das kann ein Buch nur bedingt leisten.
Die Auswahl der Songs ist ausgesprochen gut gelungen: Fara Karim spannt einen Bogen von Ich & Ich über die Eurythmics, Reamonn, Cindy Lauper, Silbermond bis zu Amy Macdonald und Amy Winehouse. Schön ist auch, dass der Gesangspart zu jedem Song korrekt und gut lesbar in Noten mit hinzugesetzten Gitarrenakkorden vorliegt. Allerdings ist fraglich, ob AnfängerInnen in hinreichendem Maß über Kenntnisse im Singen nach Noten verfügen, um diese wirklich nutzen zu können. Die Playbacks auf der CD im mp3-Format sind sauber produziert und sicher eine gute Hilfe, aber auch sie setzen einige Übung voraus.
Fara Karims Veröffentlichung ist für alle, die schon etwas mehr können, eine gute Ergänzung ihres Überepertoires. Wer wirklich blutiger Anfänger ist, braucht eigentlich die zusätzliche Begleitung durch ein reales Gegenüber, um das Potenzial dieser Veröffentlichung ganz zu nutzen.
Wolfgang Koperski