Kindel, Unmada Manfred

Ohrwürmchen

Kinderlieder-Praxisbuch. Singspaß fördern mit neuen Ideen, eingängigen Liedern, musikalisch-spielerischen Anleitungen und wertvollen Informationen zum Singen mit Kindern

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Ökotopia, Münster 2006
erschienen in: üben & musizieren 4/2007 , Seite 56

Unmada Manfred Kindel hat sich viel vorgenommen, wie der umfangreiche Untertitel seines Praxisbuchs verrät. Aber Kindel löst es auch ein. Zu den Liedern – fast alle aus der Feder des Autors – gibt es methodische Anregungen aller Art: Basteleien (Puppen, Requisiten), Spiele, Tänze, Schlagbegleitungen in einer einfachen „Kindernotation“, Szenen – eine randvoll gepackte Ideenkiste. Und damit nicht genug: Für die interessierten BenutzerInnen gibt es historische Exkurse über die Geschichte von Kinderliedern, den Kindheitsbegriff, Sachinformationen über die Sonne oder über Ameisen, Anleitungen zum Gitarren- bzw. Akkordeonspiel, ein bisschen Harmonielehre, etwas über das Erlernen von Melodien, Hinweise zur Rollenfindung von Jungen, zur Sprachförderung und noch sehr viel mehr.
Der Autor ist ein wahrer Tausendsassa und bei aller Breite dessen, wovon er in diesem Praxisbuch berichtet, trotzdem niemals oberflächlich. LehrerInnen ohne fachliche Ausbildung und Erzieherinnen werden sicher besonders von diesem Buch profitieren, weil die Mischung aus Sachinformation, praxisnaher Methodik und motivierender Illustration Mut und Lust macht, die Vorschläge auszuprobieren.
Ob man mit allen (natur-)philosophischen Überzeugungen des Autors konform geht, steht dahin. Die Einbettung in ein ganzheitliches Konzept, die Wahrnehmung mit allen Sinnen und das Denken über das jeweilige Lied hinaus oder „um es herum“ betonen den Projektcharakter aller Vorschläge.
Die Lieder selbst folgen in den Texten den Intentionen des Autors, sie knüpfen an die kindliche Vorstellungs- und Erfahrungswelt an, pflegen Nonsens und Wortspielereien oder haben einen unübersehbaren pädagogischen Impetus. Musikalisch bleibt Unmada Manfred Kindel zumeist im „klassischen“ Kinderliedidiom (formelhafte Rhythmik, überschaubarer Ambitus, meist Dur), manchmal geht’s hier und da rhythmisch auch etwas vertrackter zu („Stolperrhythmen“), was der Erzieherin oder Lehrkraft etwas mehr an Vorbereitung abverlangt. Ein wirklich sehr originelles Stück ist Der Seebär im 5/4 (!)-Takt – allerdings sind die Phrasenenden mit Nonen- und Oktavsprüngen keine ganz leichte Kost. Damit zurechtzukommen wird sicher durch die separat erhältlichen CDs mit den Liedern bzw. den zugehörigen Playbacks erleichtert.
Des Autors verständliche Sprache, liebevolle Illustrationen von Jule Ehlers-Juhle, der saubere Druck, ein informativer Anhang, u. a. mit Internetempfehlungen und Literaturhinweisen, und ein offensichtlich gewissenhaftes Lektorat runden den positiven Eindruck ab. Allen, die mit jüngeren Kindern singen, spielen, gestalten und fantasievoll arbeiten wollen, seien die Ohrwürmchen sehr ans Herz gelegt. Ob die Lieder wirklich Ohrwürmer werden, entscheiden letzlich die Kinder – und sonst niemand.
Wolfgang Koperski