Fischer, Johann
Ouverture (Suite) à 5 F-Dur
für Oboe, 2 Violinen, Viola (oder Oboe, Violine, 2 Violen) und B. c., hg. von Hans Bergmann
Betrachtet man die biografischen Daten, so muss man in dem Komponisten und Kapellmeister Johann Fischer einen Charakter voll moderner Unrast vermuten. Der 1646 in Augsburg geborene Sohn eines Spielmanns, der seine erste Ausbildung in der dortigen evangelischen Kantorei erhalten hatte, wandte sich anschließend nach Stuttgart, wo er Schüler von Samuel Capricornus wurde, und nach dessen Tod 1665 weiter nach Paris, um dort die „liebliche lullianische Manier“ bei Lully selbst zu studieren.
Die weiteren Berufsstationen Fischers liegen bemerkenswert weit verstreut: Nach kurzem neuerlichem Aufenthalt in Stuttgart zog es ihn in die Heimatstadt Augsburg, wo er von 1674 bis 1683 kirchenmusikalisch tätig wurde. Darauf folgte eine Anstellung als Violist in der Ansbacher Hofkapelle und 1690 der Sprung ins weit entfernte Mitau, wo Fischer als Kapellmeister des Herzogs von Kurland amtierte. Nach Aufenthalten in Sachsen und Polen ließ er sich 1701 als Konzertmeister nach Schwerin verpflichten, quittierte jedoch 1704 den Dienst und ging nach Kopenhagen, wo er sich wie auch in Bayreuth vergeblich um einen neuen Posten bewarb. Nach freischaffend als Komponist und Musiklehrer verbrachten Jahren in Schwerin, Stralsund, Stettin und Stockholm erreichte ihn ein Ruf an den Hof des Markgrafen von Brandenburg in Schwedt, wo er die Kapellmeisterstelle bis zu seinem Tod im Jahr 1716 innehatte.
Sein Renommee als Komponist verdankt Johann Fischer vor allem seinen Suiten. In der Grundlage einer Ehrenpforte lobte Johann Mattheson ihn für die „Verfertigung vieler schöner Ouvertüren, auf rechte frantzösische Art“. Neben Veröffentlichungen im Druck, etwa im Musicalisch Divertissement oder in der Tafelmusik, sind weitere einschlägige Werke Fischers handschriftlich überliefert: unter anderem die hier in Erstausgabe von Partitur und Stimmen vorgelegte Ouverture in F-Dur, die sich in der berühmten Düben-Sammlung der Universitätsbibliothek Uppsala erhalten hat.
Das fünfstimmig gesetzte Werk, welches der einleitenden Ouvertüre einige knapp gefasste Menuette, Arias und eine Gigue folgen lässt, erlaubt eine teils flexible Besetzung. Die originalen Bezeichnungen „Hautbois“, „Violino I“, „Haut-Contre“, „Taille“ und „Bassus“ lassen Fragen ungeklärt bzw. wirken widersprüchlich. Die Edition Hans Bergmanns bietet sowohl eine Fassung des „Haut-Contre“ als zweite Violinstimme als auch, durch den originalen C-Schlüssel eigentlich plausibler, für die Viola. Während die Besetzung der vierten Stimme mit Viola selbstverständlich ist, bleibt noch die Ausführung des „Bassus“ offen, der in Original und Edition keinerlei Generalbassbezifferung enthält: Eine Ausführung mit Cello allein scheint ebenso praktikabel wie eine zusätzliche klangliche Ergänzung durch das Cembalo.
Gerhard Dietel