Spiekermann, Reinhild

Pflichtlektüre

Viele neue und wichtige Aspekte in Stefan Lindemanns Ratgeber

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 6/2014 , musikschule )) DIREKT, Seite 09

Nach mehrfachen Ankündigungen liegt nun endlich die überarbeitete Auflage von Stefan Lindemanns Marketing und Mana­gement für Musikpädagogen vor. Auch wenn die Struktur des Handbuchs im Wesent­lichen der der erprobten alten Auflage entspricht, ist es Lindemann gelungen, viele neue, wichtige Aspekte einzuarbeiten. Die­se Erweiterungen spiegeln damit auch ein Stück weit die Entwicklungen im Bereich Instrumentalunterricht bzw. Selbstständigkeit als Instrumentallehrkraft wider.
Nach den bekannten Kapiteln zu Selbstverständnis und Zielen folgen im Abschnitt „Organisation“ unter „Eigenorganisation“ jetzt z. B. Informationen zur GEMA oder zum Kopierverbot von Noten, zu Downloadportalen, zur Möglichkeit von Lizenzverträgen mit der VG Musikedition oder zum Rundfunkbeitrag. Nach dem nur minimal veränderten Kapitel über Unterrichtsverträge folgt im Abschnitt „Honorare“ ein willkommener Einschub über Tarifstruktur, -systematik und Tariferhöhungen. Unter „Steuern“ werden nach wie vor (und das ist sinnvoll) nur einige übergeordnete Hinweise gegeben, während unter „Finanzierungshilfen“ Informationen zur Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit heraus neu aufgenommen wurden („Gründerzuschuss“ bei Bezug von ALG 1, „Einstiegsgeld“ bei ALG 2). Auch liefert Lindemann ein Muster für einen Businessplan mit Umsatz- und Rentabilitätsvorschau, der auch für Kreditgeber wichtig ist.
Bei den Kapiteln über Versicherungen sind notwenige Aktualisierungen im Zahlenwerk vorgenommen worden, der Passus über Berufsunfähigkeitsversicherungen ist nun zum Glück so ausführlich, dass man einen Eindruck davon bekommt, wie schwierig es ist, eine solche Versicherung abzuschließen. Ausführungen zur Altersvorsorge fehlten in der alten Buchausgabe, die jetzt gelieferten Infos beziehen sich schwerpunktmäßig auf „Riester-Produkte“. Ein Detail: Sehr gut ist, dass Lindemann darauf hinweist, dass man Anbietern von „Riester-Produkten“ immer wieder klarmachen muss, dass man als KSK-Pflichtversicherter Anspruch auf Riester-Förderung hat!
Im zweiten Teil des Buchs geht es nun wie gewohnt weiter mit grundlegenden Gedanken zu „Kunden“ und zur Kommunikation mit ihnen. Jeder, der sich selbstständig macht, sollte nach Festlegung seiner Produktprofils eine Bedarfsuntersuchung vornehmen, wer sein Angebot vermutlich nachfragen wird. Lindemann erläutert dazu verschiedene Modelle, in denen soziologische Zielgruppen definiert werden (jetzt mit gut aufbereiteten Abbildungen). Die nachfolgenden Passagen zu Absatz­wegen und Werbung sind ergänzt durch Details im Bereich Internet bzw. die Möglichkeiten der Social Media. Neu auch die kurzen Kapitel „Timing“ (von Werbemaßnahmen) und „Unternehmensname“.
Stefan Lindemann wird nicht müde, auf die Bedeutung des Vorgesprächs vor Unterrichtsbeginn hinzuweisen; kein Wunder, dass er auch dieses Buchkapitel neu geordnet und überarbeitet hat.
Im Anhang finden sich wie gewohnt diverse Vordrucke, Grafiken und Zahlen (Beitragsbemessungsgrenzen, steuerrelevante Summen). Erstaunt hat mich, dass die „Übersicht über die monatlichen Vergütungen“ die gleichen Zahlen/Unterrichtshonorare enthält wie schon in der Auflage von 2002. Sollte das angenommene Jahreshonorar von 960 Euro zwölf Jahre lang stabil geblieben sein? Auch verstehe ich nicht, warum unter der Tabelle der „Beitragsbemessungsgrenzen und Beiträge nach den KSVG“ ein (bereits nicht mehr funktionierender) Linkhinweis ist, der zu einer Anleitung führen soll, wie das Steuerformular „EÜR“ auszufüllen ist.
Das Buch ist sehr gut lesbar, Zitatbelege erfolgen sehr kompakt, neu sind vor allem eingestreute Internetquellen. Stefan Lindemann gelingt noch etwas, was das Buch weiter auszeichnet und eine neue inhalt­liche Dimension erschließt: Er bringt an verschiedenen Stellen Management- und Marketingbeispiele aus der Wirtschaft, die er teilweise überträgt in unsere Branche, den Transfer teilweise aber auch dem Leser „als Hausaufgabe“ aufbrummt. Ob es nun die klassische Bankfiliale im Zeitalter des Online-Bankings ist, der angeritzte Kaffeepad auf dem Heizkörper (die Macht der Gerüche), das „Aus“ der Baumarktkette „Praktiker“, die gescheiterte Friseurin mit zu billigem Kinderhaarschnitt, Tupper-Partys oder die Einführung eines Deos, auf das keiner gewartet hat – hier zeigt sich die Hauptbotschaft des Buchs: als selbstständige Lehrkraft bin ich vor allem auch Unternehmer, mit allen Konsequenzen!
Der Ratgeber ist jetzt auf dem Stand vom April 2012, Aktualität wird gewährleistet durch die Internetverweise. Mein Fazit: absolute Pflichtlektüre für Berufsanfänger und Fortgeschrittene!

Stefan Lindemann: Marketing und Management für Musikpädagogen, 3., erweiterte und aktualisierte Auflage Bosse, Kassel 2014, 168 Seiten, 19,95 Euro