Schlusnus, Susanne
Physioboe – Physiologisches Oboenspiel
Das Praxisbuch
Nach ihrem vor drei Jahren erschienenen Buch Physioboe veröffentlichte Susanne Schlusnus jüngst ihr angekündigtes Praxisbuch für ein ganzheitliches Konzept für Oboe. Dieses nun weitgehend abgeschlossene System ganzheitlichen Lernens hat die Autorin mit ihren drei Berufen als Diplom-Orchestermusikerin, Staatlich geprüfte Physiotherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie entwickelt und auf die besondere Spezifik der Oboe übertragen. So soll Körper, Geist und Seele auf stimmige Weise mit dem Doppelrohrblattinstrument verbunden werden.
Zunächst blickt sie auf den Spiel- und Bewegungsapparat, analysiert die Körperstatik ohne Oboe, beleuchtet achsenverschiebende Fehlhaltungen sowie typische Probleme der Beine, des Beckens und Brustkorbs, des Kopfes und der Arme. Bald folgen Tipps zur Ausbalancierung des Körpers im Sitz und im Stand, weil für die Autorin die korrekte Haltung „dem Körper die richtige Einstellung und Widerstandskraft“ verleiht. Bald wendet sie sich der Positionierung der Oboe mit der richtigen Handhaltung, Körperspannung und Ähnlichem zu. Das Ganze wird stets mit zahlreichen, sehr anschaulichen Bildern dargestellt, sodass man Vieles im Selbststudium leisten kann.
Das zweite Drittel gehört der eingehenden Betrachtung des Atems und der daraus resultierenden Klangveredelung. Dabei spielen die Zunge und der richtige Ansatz eine wesentliche Rolle, ist er doch das „feinfühlige Verbindungsglied zwischen Körper und Oboe“. Dieser Teil endet mit einem bemerkenswerten Exkurs in die Musikermedizin, worin an Fallbeispielen Probleme wie die Entstehung des sogenannten „Blähhalses“ erläutert werden.
Zum letzten Drittel des Praxisbuchs gehören spezielle Übungen, unter anderem für die Ansprache, den Atem, die Flexibilität, den Klang und für die richtige Artikulation, wobei auch geschmeidige Bewegungen dazu gehören. Weiters folgt ein kleines Kapitel zum „Physioboe-Coaching“, wo es darum geht, wie Schmerzen verhindert, funktionelle und technische Probleme gelöst oder das eigene Spielgefühl verbessert werden können. Diese Ziele werden z. B. durch Videoanalysen, musikmedizinische oder Auftrittsanalysen erreicht. Erklärtes Ziel ist, „dass weder Verkrampfungen noch Fehlhaltungen auftreten. Die Natürlichkeit im Spiel soll wiederhergestellt werden, die uns überhaupt erst ermöglicht, unser komplettes Potenzial abrufen zu können.“
Im letzten Kapitel geht es schließlich um „Pädagogische Potenziale“, worin auch die Fähigkeit zur Selbstreflexion erläutert wird. Fehler zu Studienbeginn, die man recht schnell hätte beseitigen können, rächen sich im Alter auf unangenehme Weise. Wenn diese sich erst „einmal verfestigt haben, ist es unglaublich schwer, diese wieder aus dem System zu eliminieren, weswegen der Anfangsunterricht eminent wichtig ist“.
Werner Bodendorff


