Pian é forte. Music for Piano

Women Composers through the Centuries

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Furore, Kassel 2011
erschienen in: üben & musizieren 5/2011 , Seite 60

Der vorliegende Band zum 25-jährigen Bestehen des Furore-Verlags umfasst Klavierstücke von 16 Komponistinnen, die zwischen 1757 und 2008 geschrieben wurden, also etwa 250 Jahre Geschichte des Klavierspiels ­widerspiegeln. Gleichzeitig wird hier auch ein Überblick über die Tätigkeit des Furore-Verlags gegeben. Neben so bekannten Namen wie Maria Szymanowska, Louise Farrenc, Fanny Hensel, Cécile Chaminade, Barbara Heller oder Ruth Schonthal stehen unbekanntere aus dem 18. und 19. Jahrhundert oder jüngere Komponistinnen der Gegenwart (Hope Lee, Florentine Mulsant, Viera Janárceková u. a.). Insgesamt kommen die Komponistinnen aus sieben europäischen Ländern sowie aus Taiwan und Kanada.
Mit Ausnahme von zwei Sonaten von Anna Bon di Venezia und Maria Hester Park – den ältesten Stücken des Hefts – handelt es sich bei allen übrigen Stücken um Miniaturen: verschiedene Tänze von Polonaise (Emilie Zumsteeg) bis Rag (Vivienne Olive), Nocturne, Elegie, Prélude, Lied usw. Besonders zu erwähnen ist ein Andante von Fanny Hensel, das hier als Erstveröffentlichung erscheint.
Die Stücke sind von moderatem Schwierigkeitsgrad, wenn auch bei Fanny Hensel einige ziemlich große Griffe vorkommen. Bei den zeitgenössischen Beispielen gibt es auch Gelegenheit, auf den Saiten des Flügels im Innenraum zu spielen (Ruth Schonthal) oder auch mit einem vorgegebenen Tonmate­rial zu improvisieren (Sibylle Pomorin). Nur in den Stücken von Ljubica Maric und Hope Lee sind Fingersätze notiert (möglicherweise stammen sie von den Komponistinnen).
Insgesamt sind viele typische Formen des Klaviersatzes der frühklassischen und romantischen Musik vertreten, allerdings nur mit wenigen polyfonen Ansätzen. Das längste und anspruchsvollste Stück ist sicher das Nocturne von Louise Farrenc, das an die Sprache der Nocturnes von Field und Chopin erinnert. Auf folkloristische Klänge trifft man im Song and Dance von Maric oder im Flower Drum Dance von Lee. Eine geglückte Balance zwischen Einfachheit, Transparenz, rhythmischer Raffinesse, Ausnutzung der Register des Instruments und dynamischer Bandbreite weisen die kleinen Stücke von Florentine Mulsant auf.
Der den Stücken vorausgehende Textteil (deutsch und englisch) bringt einerseits biografische Notizen zu den Komponistinnen, andererseits Informationen über die Stücke und ihre Entstehungsgeschichte. Leider erfährt man an keiner Stelle, wer die Einleitungstexte geschrieben hat. Es gibt auch einige Druckfehler, unter denen der Hinweis auf Bartóks „Schweineherdentanz“ (S. 12) – an Stelle des „Schweinehirtentanzes“ – einer gewissen Komik nicht entbehrt.
Die Sammlung bietet reizvolle Ansichten der „Nebenwege“, die die Klaviermusik in der angegebenen Zeit durchschritten hat.
Linde Großmann