Popp, Wilhelm
Popp for Flute
7 europäische Salonstücke für Flöte und Klavier, hg. von Elisabeth Weinzierl und Edmund Wächter
Der Titel des Hefts könnte vielleicht zu falschen Erwartungen verleiten, aber das ist auch schon alles, was an diesem Heft mit kleinen romantischen Charakterstücken von Wilhelm Popp (1828-1902) zu kritisieren wäre. Die darin enthaltenen Titel Serbisches Märchen, Italienisches Ständchen, Spanischer Tanz, Schwedische Idylle, Russischer Musik-Abend, Ungarischer Tanz und Lied ohne Worte – im deutschen Volkstone stammen aus verschiedenen Opusnummern, und man könnte das Heft durchaus als eine dem europäischen Gedanken gewidmete Zusammenstellung ansehen…
Popps Kompositionen sind heute wieder sehr beliebt, weil sie spieltechnische Förderung mit echter Freude an der Musik zu verbinden wissen. Der Anspruch seiner oft pädagogisch orientierten Flötenmusik reicht von ganz leicht – das wären z. B. die schon vor langer Zeit erschienenen Kleinen Anfängerübungen – bis hochvirtuos wie in der Rigoletto-Fantasie. Die hier von den HerausgeberInnen mit glücklicher Hand ausgewählten Stücke bieten in erster Linie konzentrierte musikalische Aufgaben. Das unterscheidet diese Neuerscheinung von anderen, vielleicht eher zufällig entstandenen Ausgaben und macht sie besonders wertvoll für Unterricht und Konzert.
Dass Einiges daraus bereits in anderen Zusammenhängen herausgegeben wurde, spielt deshalb auch keine Rolle. Schließlich gibt es von Popp noch kein Werkverzeichnis, das die Übersicht über seine mehr als 500 kleinen oder größeren Kompositionen erleichtern würde.
Die inhaltlich vielfältigen und dadurch recht anspruchsvollen Stücke verlangen viel Flexibilität und Reaktionsfähigkeit von beiden SpielpartnerInnen, die immer wieder feine dynamische und agogische Übergänge zwischen wechselnden musikalischen Stimmungen zu gestalten haben. Das setzt schon einige instrumentale und musikalische Erfahrung voraus, fördert sie aber auch ganz erheblich. Der Klaviersatz ist wie immer bei Popp gut spielbar, bei seiner klanglichen Realisierung könnte man an einen Streichersatz (mit Kontrabass) denken.
Seine frühe und vermutlich sehr vielseitige flötistische Ausbildung erhielt Popp in seiner Heimatstadt Coburg durch Kaspar Kummer und Louis Drouet, beide Kapellmeister am Hof in Coburg und ausgezeichnete Spieler der alten Flöte, Kummer zudem auch ein hochgeschätzter Komponist. Popp war bis 1867 Soloflötist in dieser Kapelle und gleichzeitig Hofpianist, anschließend dann in Hamburg zehn Jahre Soloflötist des Philharmonischen Orchesters, nachdem er 1865 zur Boehmflöte gewechselt war. Danach war er bis zu seinem Lebensende als Musiklehrer tätig. Lexikalisch lange vernachlässigt wie viele andere Flötisten gibt es inzwischen einen seine Arbeit würdigenden Beitrag im Lexikon der Flöte (2009). Da ist sicher noch manches zu entdecken.
Ursula Pesek