Reich, Martin
primo & secondo
20 ausgewogene Arrangements für Klavier vierhändig
Vierhändiges Klavierspiel steht im Unterricht meist nicht im Vordergrund, stellt jedoch eine sinnvolle und auch unentbehrliche Ergänzung jeder pianistischen Ausbildung dar. Es fördert das Aufeinander-Hören und das gemeinsame Finden bzw. Empfinden von klanglicher Balance und Tempi. Didaktische Konzeptionen, die wie hier unterschiedliche Schwierigkeitsgrade zwischen leicht und mittelschwer bereitstellen und somit für einen längeren Unterrichtszeitraum geeignet sind, gibt es kaum. So gesehen stellen die vorliegenden Stücke eine Bereicherung und Ergänzung der vorhandenen vierhändigen Literatur dar.
Die bereits im Titel erwähnte Ausgewogenheit bezieht sich vor allem auf die Tatsache, dass die Melodie meist nicht nur im Primo, sondern auch im Secondo in der Mittel- oder Unterstimme zu finden ist und sich die spieltechnischen Schwierigkeiten auf beide SpielerInnen gleichmäßig verteilen. Die nachvollziehbare Idee des Arrangeurs hat in erster Linie also einen pädagogischen Hintergrund, was schließlich auch in den einzelnen (Übe-)Hinweisen im Anhang deutlich wird.
Die Kinder- und Volkslieder bieten einen geeigneten Einstieg in das erste gemeinsame Musizieren, vorausgesetzt die SchülerInnen sind bereits sicher im Notenlesen, vor allem im Bassschlüssel bis hin zur dreigestrichenen Oktave. Stücke wie Frère Jacques, Der Kuckuck und der Esel, Yankee Doodle, Oh when the Saints oder Happy Birthday sind beispielsweise mal im Unisono oder in einem Kanon gesetzt und stellen so bereits auf dieser Stufe auch wechselnde Anforderungen an die SpielerInnen. Die stilistisch sehr unterschiedlichen Bearbeitungen setzen sich fort in weiteren Stücken klassischer Musik wie auch in Gospel-, Blues- und Ragtimestücken, die klanglich meist ausgewogen gesetzt sind, vor allem in den mittelschweren Bearbeitungen Passepied (Bach), im Thema der Rhapsody in Blue (Gershwin) oder auch im Maple Leaf Rag (Joplin).
Hingegen sollte man andere, meist leichtere klassische Bearbeitungen wie beispielsweise An die Freude, Là ci darem la mano (Mozart), Fröhlicher Landmann (Schumann), Andantino (Tschaikowsky), In der Halle des Bergkönigs (Grieg) oder Liebestraum (Liszt) eher unter entdeckungs- und motivationspsychologischen Gründen und damit aus Schülersicht betrachten. Eine musikalische Wirkung haben sie ebenfalls, wenn auch hinsichtlich des Originals nur andeutungsweise.
Romald Fischer