Jacob, Anna Katharina
Qualitätsmanagement an Musikhochschulen in Zeiten sich wandelnder Studienstrukturen
FolkwangStudien 5, hg. von Stefan Orgass und Horst Weber
Mit der Umsetzung des Bologna-Beschlusses zur Vereinheitlichung der Studiengänge in Europa bis 2010 erfasst der Reformeifer zur Umstrukturierung auch die Musikhochschulen: Deren Spezifikum ist einerseits eine künstlerische, individuell kreativ fundierte Ausbildung mit enger Bindung an einen Hochschullehrer, andererseits auch eine pädagogisch und wissenschaftlich orientierte Ausbildung. Eine Egalisierung aller Studiengänge scheint der Eigengesetzlichkeit der Disziplinen und erst recht der Musikausbildung mit ihrer Spezialisierung und ihrer selektiven Begabungsauslese entgegenzustehen.
So erklärt sich auch, dass bislang nur ganz wenige Musikhochschulen im Gegensatz zu den Universitäten die Umsetzung der Bologna-Beschlüsse vollzogen haben und BA/MA-Studiengänge entwickelten. Am ehesten gelang dies wohl bei der Musikwissenschaft. Immerhin wurde erreicht, dass künstlerische Studiengänge achtsemestrig angelegt sein können.
Bislang liegen keine Untersuchungen über die besonderen Herausforderungen des Reformprozesses an Musikhochschulen vor. Um so höher ist die im Jahr 2005 durchgeführte empirische Studie von Anna Katharina Jacob, eine Masterarbeit am Institut für Internationales Management der Universität Flensburg, einzuschätzen. Sie setzt sich kritisch mit den Zielen des Bologna-Prozesses auseinander (Internationalität, Kompatibilität, Flexibilität, berufliche Ausrichtung, Transparenz, Verringerung der Studiendauer) und stellt ausführlich beschreibend die Instrumente zur Qualitätssteuerung vor (Evaluation, Akkreditierung, Zielvereinbarung). Inwieweit Studierende und Lehrende diese Entwicklung bewerten, wird am Beispiel der Folkwang Hochschule Essen in einer empirischen Studie untersucht. Die Autorin befragt dort fünf Lehrende. Mittels Fragebogen erfasst sie die Meinung von 143 Studierenden und vergleicht die Studienordnungen „Musikerausbildung instrumental“ aus dem Jahr 1997 und 2004, um Änderungen und Gewichtungen der Studieninhalte sichtbar zu machen.
Hier zeigt sich, dass sich die Erweiterung des Lehrangebots bei gleichzeitiger Reduzierung herkömmlicher Lehrangebote in der neuen Studienordnung stärker an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts ausrichtet. Bei aller gebotenen Skepsis gegenüber den Reformansätzen, wie sie vielfach in den lesenswerten Statements der Experten durchscheint, zeigt sich doch auch eine Chance zur Neujustierung auf das angestrebte Berufsziel hin, auch mit der Möglichkeit einer stärkeren Profilbildung und der Korrektur und Entzerrung des Studiums im Blick auf aktuelle Erfordernisse. Der informative Band wird sicher in der Hand derjenigen, die sich mit den anstehenden Umstrukturierungen plagen, eine nützliche Hilfe sein.
Rudolf-Dieter Kraemer