Hilbert, Jörg / Felix Janosa
Ritter Rost und die Räuber
Musical für Kinder, mit Musik-CD und Noten
Da ist er nun, der neunte Band der Kultfigur Ritter Rost! Das Gesetz der Serie hat ihn gezeugt und es wird vermutlich nicht das letzte Kind der „Eltern“ Hilbert/ Janosa sein. Irgendwann nivelliert sich ja beim Hörer und Leser die Frage nach der Qualität, wenn aus Gründen der Identifikation mit Serienhelden nur noch auf die nächste Ausgabe gewartet wird – das war seinerzeit bei Asterix und Obelix nicht anders. Auch wird der Standard üblicher Musical-Veröffentlichungen bei diesem neuen Produkt durchaus erreicht und der weit verbreitete Geschmack von Mainstream-Pop- und Comedy-Elementen in angemessener Weise bedient.
Da spielen dann die dürftige Handlung und die arg gequälten Versatzstücke aus den üblichen Klischees der medienerzeugten Kinder„kultur“ keine Rolle mehr. Die Musik tut ihr Übriges und bietet die gängigen Rhythmen, schlichte überwiegend perkussive Melodik; alles im gewohnten Sound einschließlich unnatürlich aufbereiteter Kinderstimmen, die aus einer Play-Back-Show zu kommen scheinen.
Nun gut, es gibt ja keine allgemein verbindliche Ästhetik, sondern viele Ästhetiken, die alle ihre Fangemeinde finden bzw. selbst erzeugen, damit die Produkte dann zur Stärkung der Scheinidentität marktgerechter Peergroups buchstäblich „wie warme Semmeln“ gekauft werden. Nur so kann man eigentlich erklären, dass sich eine Veröffentlichung wie diese als „Musical für Kinder“ versteht. Welcher Kinderbegriff liegt einem solchen Verständnis zugrunde? Es kann nur das durch Medien vorgeprägte, ja geradezu für den niveaulosen und eindimensionalen Spaß konditionierte Kind sein, das nie an wirklich schöpferische Prozesse und persönlichkeitsbildende Erlebnisse, Erfahrungen und Auseinandersetzung mit künstlerisch ernst zu nehmenden Produktionen herangeführt wurde. Darum ginge es aber in einem richtig verstandenen musikpädagogischen Ethos immer noch!
Hier nun häufen sich Texte im Stil von: „Wie findest du übrigens meine erste obersahne fabelfantastische Wasserspritze mit der eingebauten Detektivlupe?“ „Sehr hübsch“, lobte das Burgfräulein, und ihr sprechender Hut rief: „Das ist schön, das ist krass – kauf mir bitte auch so was!“ Da verstärkt sich die Verzweiflung am Umgang mit sprachlichem Ausdruck zu purer Resignation. Dass es geistiges „fast food“ gibt, wissen wir nicht erst seit gestern. Es wäre dringend nötig, endlich auch pädagogisch auf „gute Ernährung“ zu achten.
Ist es Zufall oder dramaturgische Konzeption, dass dieses Stück musikalisch mit einem Karnevalsschlager endet? Selbst wenn es nur Ironie sein sollte, es wirkt wie ein kritisches Schlaglicht auf die eigene Produktion…
Ach ja: Der Rezensent entschuldigt sich abschließend für seine radikal weltfremde Art der Beurteilung dieser Veröffentlichung und ist sich gleichzeitig sicher, dass sie der Verbreitung keinerlei Abbruch tun wird.
Thomas Holland-Moritz