Wicke, Peter
Rock und Pop
Von Elvis Presley bis Lady Gaga
Peter Wicke, Professor für Theorie und Geschichte der populären Musik an der Humboldt-Universität in Berlin, geht in seinem Buch der Frage nach dem revolutionären Gehalt von Rock- und Popmusik nach. Er untersucht die Entwicklung der populären Musik von den Anfängen bis zur Gegenwart unter sozialen, kommerziellen, technischen und musikalischen Aspekten. Bereits im Prolog kommt er auf das Paradoxon zu sprechen, gesellschaftliche Veränderung mit einer kulturellen Form erreichen zu wollen, die aufgrund ihrer Bindung an den Markt kommerziellen Gesetzen gehorcht.
Peter Wicke zeigt in den ersten drei Kapiteln den revolutionären Charakter des Rock’n’Roll, des British Beat und des Progressive Rock auf. Dabei schildert er sehr differenziert die musikalischen Bindungen an die Vergangenheit und Neuerungen wie die Einführung der Single-Schallplatten 1949. Ein Faktor, der dazu beitrug, dass der Musikmarkt sich wandelte, weil Jugendliche preisgünstigere Schallplatten erwerben konnten.
Am Beispiel der Texte John Lennons oder Bob Dylans erläutert Wicke die Veränderungen durch den politischen Song in der Folge des Vietnamkriegs. Er weist anhand von Covergestaltungen und Liedtexten einen politisch motivierten Umgang mit Popmusik auf, der wiederum zu Neuerung auch in der Präsentationsweise von Popmusik führte. Popmusik entwickelte sich von einer Gebrauchsmusik zum Tanzen zu einer Kunstform, die als eigenständiges ästhetisches Objekt wahrgenommen wird.
Im weiteren Verlauf des Buchs beschreibt Wicke die so genannten Subkulturen. Es entstanden Musikrichtungen wie Punk, Heavy Metal mit seinen zahlreichen Subgenres, Rap, Hip Hop oder Grunge. Die technischen Neuerungen in den Studios sorgten ebenfalls für eine Weiterentwicklung innerhalb der Rock- und Popmusik. Der Sound der Musik wird immer stärker von den Möglichkeiten der Technik bestimmt.
Peter Wicke gibt eine sehr detaillierte Schilderung dieses Veränderungsprozesses. Bekannte Studios wie die Abbey Road Studios und deren Arbeitsweise werden ebenso beschrieben wie die damit einhergehende rechtliche Anerkennung der Funktion des Musikproduzenten. Sound wird zu einer ästhetischen Kategorie, schreibt Wicke. Dies hat zur Folge, dass sich die Schallplattenfirmen um einen eigenständigen Sound bemühen. So war bei Atlantic Records Tom Dowd aufnahmetechnisch für alle Produktionen zwischen 1948 und 1965 zuständig. Auch der Philly Sound aus Philadelphia oder das Motown Label aus Detroit zeichneten sich durch sehr eigenständige Sounds und Arrangements aus.
Peter Wicke zeichnet in seinen letzten Kapiteln ein Bild der Musikbranche und der ravenden Gesellschaft, welches sehr informativ und vielschichtig ist. Ein Epilog zum gegenwärtigen Stand der Musikkultur rundet diese gelungene Publikation ab, die durch gründliche Recherchen besticht.
Ulrich Falk