Morandell, Robert / Christoph Gruber

Rockodil

E-Gitarre von Anfang an

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Doblinger, Wien 2014
erschienen in: üben & musizieren 2/2015 , Seite 56

Obwohl die E-Gitarre mittlerweile schon über 70 Jahre alt ist und daher auch schon im Opa-Alter, sagt man zu Kindern, die E-Gitarre als erstes Instrument lernen wollen, oft noch: „Lern erstmal klassische Gitarre“… Dadurch geht so manche Motivation verloren, da klassische Gitarrenschulen musikalisch und bezüglich des Sounds so gar nichts mit der Pop- und Rock-Klangwelt zu tun haben. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet vielleicht Rockodil, eine E-Gitarrenschule für Kinder, die clever kindgerechte Melodien und E-Gitarrentechnik vereint.
Schon beim ersten Blättern fällt die gelungene Grafik auf. Lustige Comic-Krokodile, bunt unterlegte Hinweise und ein gut durchdachtes Bewertungssystem der einzelnen Songs machen Lust aufs Spielen. Die Bilder von Gitarre und Gitarrenhaltung sehen zeitgemäß aus und haben nichts mehr mit den angestaubten Bildern aus Opas „Schlaggitarrenschule für Anfänger“ gemein. Für diesen Quantensprung in die Jetzt-Zeit kann man den Autoren nur gratulieren.
Vom Aufbau ähnelt Rockodil zunächst einer klassischen Gitarrenschule: Nach Begleitungen mit Tönen auf den Leersaiten folgen einfache Melodien in der ersten Lage, die nach und nach rhythmisch komplexer werden. Morandell und Gruber gelingt es aber, die sehr kindgerechten Melodien wirklich nach Rock klingen zu lassen. Die gut produzierten Playbacks machen selbst „Hänschen Klein“ unterhaltsam und nach und nach werden E-Gitarrentechniken wie Ghostnotes, Slides, Bendings und Vibrato eingeführt, ohne den Schwierigkeitsgrad zu überhöhen. Die beiliegende CD enthält alle Beispiele in drei Varianten: als kompletten Song, als Song ohne die Melodie und als Playalong ohne Gitarre, sodass Lehrer und Schüler im Unterricht zu einer Bass-/ Schlagzeugbegleitung spielen können. Eine überaus gute Idee, denn so klingen selbst die Melodien auf Leersaiten wie Musik und verlieren ihren etüdenhaften Charakter.
Nach und nach werden einfache Powerchords und Akkorde aus der ersten Lage eingeführt, sodass nach Durchspielen des Rockodils eine junge Schülerin eine gute Grundlage hat, um sich an ihren Lieblingssongs zu versuchen. Tabulatur sucht man vergebens, lediglich die Begleitungen sind in Akkorddiagrammen und Anschlagsrhythmen dargestellt. So lernt man auch noch etwas Notenlesen.
Die beiliegende CD ist übrigens eine MP3-CD und läuft nicht im normalen CD-Player, was im ersten Moment verwirrend ist, aber dann doch wieder Sinn macht, denn so kann der Lehrer die Beispiele ohne Probleme auf seinen Computer ziehen. Der gehört mittlerweile genauso zum Musikunterricht wie der moderne Ansatz der Rockodil-Autoren, die es mit ihrem Band hoffentlich schaffen, endlich mit dem alten Vorurteil aufzuräumen, dass man auf der E-Gitarre nicht mit dem Musizieren beginnen könne. Im Gegenteil: Man kann – und Rockodil bietet dazu hervorragendes Unterrichtsmaterial!
Martin Schmidt