Doll, Frank / Tobias Meier / Martin Kürzinger

Rock’s Cool Guitar / Rock’s Cool Bass / Rock’s Cool Drums

Songs spielen von Anfang an, mit Online-Material

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2019
erschienen in: üben & musizieren 6/2019 , Seite 56

Der Musikunterricht in Musikschulen und allgemeinbildenden Schulen hat sich gewandelt. Zusätzlich zum klassischen Einzelunterricht gibt es immer mehr Band- und Ensembleprojekte, in denen gemeinsam musiziert wird. Für diese Anwendung hat der Gitarrist Frank Doll mit seinen Kollegen Tobias Meier am Bass und Martin Kürzinger an den Drums ein dreibändiges Lehrwerk konzipiert, in dem anhand von acht Rockklassikern die Grundlagen des jeweiligen Instruments und die Parts der Songs erklärt werden.
Die Songauswahl ist stark von der gitarristischen Seite geprägt: High­way To Hell, Paranoid und Kno­ckin’ On Heaven’s Door sind klassische Anfängersongs im Gitarrenunterricht. Da die Riffs dieser Songs mittlerweile Allgemeingut und somit zeitlos geworden sind, kann man ihre Herkunft aus den Siebzigerjahren leicht verschmerzen. Ein solches Buch mit aktuellen, spielbaren Titeln aus den Charts zu füllen, dürfte schwer sein und wäre nach wenigen Monaten schon wieder veraltet.
Alle drei Autoren vermitteln die Basics des jeweiligen Instruments. Gitarristen lernen offene Akkorde, Powerchords, Pentatonik und einfache Single-Note-Parts. Die Bassisten werden mit Grundtönen, Quinten, verschiedenen Rhythmen und Artikula­tionsmöglichkeiten vertraut gemacht. Drummer lernen die Notenwerte und den Basis-Rockgroove mit Bass-Drum-Variationen, machen aber auch Ausflüge in Sechzehntel-Rhythmen, kleine Fills und die vorgezogene Eins.
In den Songs kommen diese Basics direkt zur Anwendung und werden in verschiedenen Schwie­rigkeitsgraden eingesetzt. Man kann also den Begleitrhythmus der Gitarrenakkorde simpel halten oder variieren, nur den Basis-Drumgroove spielen oder ein Fill einsetzen usw. Das ist sehr praxisorientiert und eine typische Unterrichtsmethode im Bandunterricht: Man fängt mit einer einfachen Variante an, bis das Stück erkennbar ist, und macht es dann mithilfe kleiner Bausteine für die einzelnen Instrumente etwas spannender.
Alle drei Bände versuchen trotz dieses eigentlich sehr unakademischen Konzepts den Spagat zwischen Bandpraxis und Theorie hinzubekommen, was manch­mal über das Ziel hinausschießt. Ob Highway To Hell das geeignete Stück ist, um Bassisten Slash-Chords näher zu bringen, sei dahingestellt. Der jugendliche Bassist dürfte mit dem Spielen der Töne vollauf beschäftigt sein und keinen großen spielerischen Gewinn daraus ziehen, wie der Akkord zustande kommt. Gleiches gilt für die Viertel-Triolen in Seven Nation Army, die mit dem Gehör leicht nachvollziehbar sind, aber für das theoretische Verständnis ein deutlich höheres musikalisches Niveau erfordern. Glücklicherweise ist die Möglichkeit, das Pattern über das Hören zu lernen, im Buch von Martin Kürzinger gut erklärt und verständlich dargestellt – in der Realität dürfte es auf diese Methode hinauslaufen.
Schaden tut der theoretische Background natürlich nicht und es obliegt dem unterrichtenden Lehrer diesen Aspekt passend einzusetzen. Manche SchülerInnen sind daran interessiert, genau zu verstehen, was musikalisch vor sich geht, während andere lediglich den jeweiligen Part gut spielen möchten. Durch die kleinschrittige Arbeitsweise erhält man auf jeden Fall viele Anregungen, diesen Aspekt der Musik gut und nachvollziehbar zu erklären.
Zu allen Songs stehen Play-alongs in verschiedenen Varianten zur Verfügung. Neben der kompletten Bandperformance inklusive Gesang findet man Tracks ohne Bass, Drums oder Gitarre und verlangsamte Versionen. Ein sehr gutes Konzept, was die praktische Erfahrung der drei Autoren beweist. Kleine Trainingspläne mit genauen Übeanweisungen inklusive Zeitangaben runden das Konzept ab und geben SchülerInnen, die nicht ganz so selbstständig arbeiten, eine gute Idee, wie man sich ein bestimmtes Drum-Pattern, Akkorde oder einen Rhythmus erarbeiten kann. Die Audio-Files sind über einen Downloadcode als Zip-File verfügbar, was problemlos funktioniert. Für Gitarre und Bass gibt es nur die Playalong-Tracks, während für die Drum-Version auch noch einzelne Übungen verfügbar sind.
Als Online-Erweiterung gibt es diverse Videos, in denen die Beispiele vom jeweiligen Autor vorgespielt werden. Der dafür verwendete Begriff Tutorial ist etwas irreführend, denn erklärt wird in den Videos nichts, sondern lediglich das Notenmaterial des jeweiligen Bands dargeboten. Zu den Videos gelangt man mithilfe eines Links am Anfang jedes Kapitels. Der führt zu einer Landing-Page, auf der die Videos entsprechend der Buch-Reihenfolge angeordnet sind. Die Bezeichnungen des jeweiligen Beispiels sind nur im Video selbst zu sehen, was bei längeren Überschriften dazu führt, dass man zwar das Kapitel findet, aber nicht die Nummer der jeweiligen Übung. Da hilft nur Anklicken und reinschauen…
Als Alternative zum Link-Eintippen steht ein QR-Code neben den Beispielen zur Verfügung. Dieser führt jedoch nicht direkt zum jeweiligen Video, sondern immer an den Anfang des Kapitels bzw. der Landing-Page. Auf einem Computer-Monitor lässt sich trotzdem noch einigermaßen zwischen den Beispielen navigieren. Auf einem Smartphone ist es schon recht diffizil, das richtige Video zu finden, denn aufgrund der Größe des Video-Thumbnails verkürzt sich die Überschrift auf „Rocks C…“ Zudem sind nicht alle Beispiele trotz QR-Code-Markierung als Video verfügbar, was für weitere Verwirrung sorgt. Die Videos an sich sind durchaus hilfreich, da man die Ausführung hört und sieht, was gerade AnfängerInnen das Einstudieren erleichtert.
Als Fazit bleibt eine gut gemachte Buch-Reihe mit sehr praxisorientiertem Konzept. Gerade das Online-Angebot könnte aber mithilfe einer übersichtlicheren Organisation, genaueren Bezeichnungen und direkt zum Video führenden Links noch verbessert werden.
Martin Schmidt