Bartók, Béla

Rumänische Volkstänze

arr. von Ernst-Thilo Kalke für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott/für Streichquartett, jeweils Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Uetz, Halberstadt 2016
erschienen in: üben & musizieren 1/2017 , Seite 60

Für Béla Bartóks Rumänische Volkstänze gilt ganz bestimmt der Zusammenhang, dass die Anzahl der Bearbeitungen den Beliebtheitsgrad der sechsteiligen Suite widerspiegelt. Schon der Komponist selbst hat mindestens drei Bearbeitungen (oder hier vielleicht eher: Fassungen) des ursprünglich für Klavier gesetzten Werks hergestellt. Und natürlich sind die Tänze an sich ja schon Bearbeitungen von im Original vor Ort gehörter Volksmusik.
Ernst-Thilo Kalke, Urheber der beiden vorliegenden Bearbeitungen, teilt in den bei Uetz herausgekommenen Bänden leider nicht mit, welche der Bartók-Fassungen der Rumänischen Volkstänze er als Grundlage seiner Quintett- bzw. Quartettfassung gewählt hat; vermutlich wird es die Version für kleines Orchester sein, die mit ihrem Klangfarbenreichtum natürlich ganz besonders zu überzeugen weiß. Wäre es so, dann hätte Kalke sozusagen zwei Projektionen der sechs Tänze hergestellt: einmal auf die Bläser- und zum anderen auf die Streicherebene.
Naturgemäß müssen dabei zwei völlig unterschiedliche musika­lische Resultate entstehen; im ersten Fall ein farbenfrohes, im Klang gefühlt sehr nah am Volksmusik-Original verortetes, bodenständig-urwüchsiges Abbild des zur Entstehungszeit der Vorlage ungarisch beherrschten Siebenbürgen; in der zweiten Variante für Streichquartett dürfen Geigen, Bratsche und Cello einmal so richtig „Kante“ geben und mit rhythmischer Präzision einen im wahrsten Sinne des Wortes musikalischen Holzschnitt entwerfen. Dabei haben die vier Streicher den Vorteil, mit ihren Instrumenten ein ganz klein wenig näher am Schlagzeug angesiedelt zu sein.
Gleichwohl werden die Bläser vermutlich dankbarer sein für ­ihre stimmige Bearbeitung, ist doch das Repertoire für klassisches Bläserquintett nach wie vor recht übersichtlich. Verteilt auf fünf Stimmen lässt sich mit den Kräften haushalten, und gleichzeitig ergeben sich in den sechs Sätzen viele Gelegenheiten zur Darstellung der individuellen Instrumentenklangfarben und für einen Schuss Virtuosität. Ernst-Thilo Kalke bedenkt Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott mit gut spielbaren und gleichzeitig wirkungsvollen Stimmen.
Reizvoll wäre es, beide Bearbeitungen nacheinander zu hören. Entweder jeweils im Ganzen oder auch alternierend satzweise mal mit Bläsern, mal mit Streichern. Und zur Abrundung könnte man sich den „ganzen Bartók“ wieder zusammengesetzt zum Kammerorchester vorstellen. Mit diesen sauber aufbereiteten Notenausgaben ließe sich auf dieser Basis ein kleines Projekt für ein ambitioniertes Nachwuchsorchester gestalten.
Daniel Knödler