Vassiliev, Konstantin
Saitenspaß mit Tido / Tido im Rockland
Eine fröhliche Gitarrenreise für Einzel- und Gruppenunterricht, Band 1 und 2 / Das Spielheft für 2 Gitarren
Konstantin Vassiliev ist in der Gitarrenszene kein Unbekannter, seine Kompositionen – mal traditionell, mal experimentell, oft mit klassisch-russischen Wurzeln – liegen bereits bei mehreren namhaften Verlagen vor. Nun hat er mit dem zweibändigen Saitenspaß mit Tido, ergänzt durch das Spielheft Tido im Rockland, eine Gitarrenschule vorgelegt. Sie richtet sich an Kinder im Alter von etwa sechs bis elf Jahren, die die klassische Gitarre, idealerweise in der Zweiergruppe, erlernen. Der Waschbär Tido begleitet die Kinder auf dem Weg durch die unterschiedlichen Stationen, mit denen Vassiliev in kleinen Schritten den NachwuchsgitarristInnen ihr Instrument vertraut macht.
Saitenspaß mit Tido beginnt mit sehr viel Text und Bildern zu Haltung, Aufbau der Gitarre, Namen der Leersaiten und so fort. Mit dem freien Daumenanschlag werden die ersten Saiten gezupft, sie werden zuerst mit Namen und ohne Noten eingeführt. Der Wechselschlag folgt rasch. Spätestens hier wünscht man sich etwas weniger ausführliche Beschreibungen, die schon von Erwachsenen schwer zu verstehen sind, und dafür mehr Musik. So beschreibt Vassiliev beispielsweise eine ganze Seite lang den angelegten Wechselschlag, worauf lediglich vier musikalische Einzeiler zum Üben folgen. Dann folgt eine ganze Seite Beschreibung der linken Hand und sogleich kommen erste gegriffene Töne hinzu.
Erfahrene Lehrkräfte werden hier von Vassilievs Weg abweichen und reichlich ergänzendes Material in den Unterricht einflechten, um die SchülerInnen behutsam an Wechselschlag und linke Hand zu gewöhnen. Im weiteren Verlauf folgen neue Töne, Pausen und verschiedene Taktarten. Die Notenwerte werden mit der berühmten Torte (halbe Note ist gleich halbe Torte etc.) eingeführt.
Band 2 startet mit Vorzeichen, schon bald folgt die erste Zweistimmigkeit, wobei der Daumen im freien Anschlag, der Wechselschlag angelegt gebraucht wird. Über leichtes Spiel in der zweiten Lage geht es weiter zu Dynamik und Klangfarben, bis schließlich zum Ende des zweiten Bandes Liedbegleitung mit Akkordarpeggi zu ihrem Recht kommt.
Zum Wiederholen bezieht Vassiliev regelmäßig Rätsel und Aufgaben mit ein; manche sind wohl zu schwer für die jungen GitarristInnen: Bei der Aufgabe „Im Planetarium“ kommt sogar der Rezensent ins Grübeln. Dafür gibt’s zum Glück am Ende die Auflösungen.
Die Literaturauswahl ist in Ordnung, Vassiliev verwendet gerne Kinder- und Volkslieder. Manches wirkt wohl etwas konventionell, ja hausbacken und eigentlich unmodern. Welches Kind mag heute schon gerne auf den Text „Roter Wein und weißer Wein, morgen soll die Hochzeit sein“ Gitarre spielen? Vieles hat er selbst komponiert – hier dürfte er ruhig ein wenig experimentierfreudiger, vielleicht auch mal klangmalerisch sein. Schön ist, dass er – wir vor ihm bereits Alois Bröder und Martin Schumacher in ihrer Gitarrenschule Fische haben nie kein Knie – auch auf Texte von Joachim Ringelnatz komponiert. Und das Lied auf Ringelnatz’ köstliches Bumeranggedicht ist sicher kindgemäßer als das vom Roten Wein.
Im begleitenden Spielheft Tido im Rockland, ebenfalls für den Zweierunterricht gemacht, öffnet Vassiliev seine SchülerInnen für Pop, Blues, Rock’n’Roll, Beat und Hardrock. Als roter Faden dient ihm das irische Traditional Long, long ago, das zuerst in einer schlichten zweistimmigen Version erscheint, um dann stilistisch immer wieder variiert zu werden. So werden behutsam rockige Elemente eingeführt, Triolen, Shuffle, Blue notes, auch grundlegende Schlagtechniken. Ergänzende kleine Rätsel sowie eine Akkordtabelle machen aus dem Spielheft eine runde Sache.
So bleibt unter dem Strich ein gemischter Eindruck. Vielleicht würde Saitenspaß mit Tido noch etwa praxisnäher daherkommen, wenn Vassiliev mehr (kindgemäße) Musik und weniger Texte und Theorie einbezöge. Die Hefte sind reich bebildert, der Druck ist sehr gut und fehlerfrei.
Uwe Sandvoß