Bauchrowitz, Frank
Schaden ohne Ersatz?
Wer ersetzt den Schaden am eigenen Instrument beim Unterrichten an der Musikschule?
Im Instrumentalunterricht verwenden (Musikschul-)Lehrkräfte überwiegend ihre eigenen, meist sehr hochwertigen Instrumente. Selbstverständlich kann es passieren, dass diese Instrumente durch eigene Unachtsamkeit der Lehrerinnen und Lehrer beschädigt oder gar zerstört werden. Muss die Musikschule ihren Angestellten für solche Schäden Ersatz leisten?
Arbeitgeber müssen die Arbeitsmittel, die ihre ArbeitnehmerInnen zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung benötigen, grundsätzlich zur Verfügung stellen.1 In vielen Arbeitsverhältnissen benutzen ArbeitnehmerInnen aber auch private Gegenstände für die Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten, z. B. den privaten Pkw. Dass Musikschullehrkräfte eigene Instrumente für den Unterricht einsetzen, ist nach Erfahrung des Verfassers der Regelfall. Wie aber sieht die Rechtslage aus, wenn die Musikschullehrkraft bei der Nutzung des eigenen Instruments dieses versehentlich selbst beschädigt, zerstört oder wenn sich der Zustand des Instruments durch Abnutzung verschlechtert?
Anspruch auf Aufwendungsersatz
Die Rechtsprechung wendet in derartigen Fällen die Grundsätze des Auftragsrechts an. Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen steht demnach für den Einsatz privater Arbeitsmittel für betriebliche Zwecke ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Arbeitgeber zu. Es kann der Ersatz der Aufwendungen verlangt werden, die im Interesse des Arbeitgebers getätigt wurden und die den Umständen nach für erforderlich gehalten werden durften.2
Wurde also das arbeitnehmereigene Instrument im Rahmen der Unterrichtstätigkeit durch Unachtsamkeit der Lehrkraft beschädigt oder zerstört und durfte die Musikschullehrkraft den Einsatz des Instruments für erforderlich halten, hat sie gegen den Arbeitnehmer Anspruch auf Ersatz.
Ausschlussgründe für den Aufwendungsersatz
Dieser Anspruch ist nicht einmal dann ausgeschlossen, wenn die Lehrkraft die Verschlechterung des Instruments selbst verschuldet hat. Dieser Umstand kann aber im Rahmen des Mitverschuldens, also bei der Ermittlung der Verschuldensquote, eine Rolle spielen.3
Ausgeschlossen wäre der Anspruch auf Ersatz, wenn die Musikschullehrkraft ein eigenes Instrument benutzt, obwohl ihr vom Arbeitgeber ein Unterrichtsinstrument zur Verfügung gestellt wurde. Dann ist der Einsatz eines eigenen Instruments in der Regel nicht erforderlich. Bis auf Klaviere, Drumsets und andere „stationäre“ Instrumente werden Lehrkräften aber wohl nur in Ausnahmefällen Instrumente von der Musikschule zur Verfügung gestellt.
Wenn ein Ersatzanspruch vertraglich ausgeschlossen wurde oder wenn es eine Vereinbarung für eine pauschale Abgeltung gibt, greifen die oben genannten Grundsätze ebenfalls nicht.4 Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst sieht für die Nutzung privater Instrumente durch Musikschullehrkräfte im Unterricht Ausschlüsse oder Pauschalabgeltungen nicht vor. Möglich ist aber, dass in Musikschulen Betriebsvereinbarungen bestehen, die diese Punkte regeln.
Von einem Ausschluss des Ersatzanspruchs ist ebenfalls auszugehen, wenn die Musikschulleitung von der Nutzung privater Instrumente nichts wusste. Die Musikschulleitung muss von der Nutzung der Instrumente für den Unterricht zumindest Kenntnis haben und diese billigen.5 Einer ausdrücklichen Aufforderung oder Genehmigung zur Nutzung eigener Instrumente durch die Musikschule bedarf es allerdings nicht, damit die Haftungsregeln zugunsten der Lehrkraft gelten.
Honorarkräfte
Für Lehrkräfte, die mit Honorarverträgen für Musikschulen tätig sind, gelten die vorherigen Ausführungen nicht. In der Regel werden mit dem Honorar alle Aufwendungen und damit auch der Einsatz des eigenen Instruments abgegolten.
Zur Konflikt- und Risikoentschärfung bezüglich durch Lehrkräfte im Unterrichtskontext selbst verursachter Beschädigungen an eigenen, zu Unterrichtszwecken eingesetzten Instrumenten sollte zwischen der Musikschule und den Lehrkräften eine Vereinbarung getroffen werden. Diese kann den Einsatz der Instrumente selbst betreffen und sollte Regelungen zur pauschalen Abgeltung der Nutzung beinhalten.
1 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.03.2013 – 9 AZR 455/11.
2 z. B. Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2014 – Az. 12 Sa 617/14 (bezogen auf die Nutzung eines arbeitnehmereigenen Pkw).
3 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.11.2006 – 8 AZR 701/05.
4 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.10.2003 – 9 AZR 657/02.
5 z. B. Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2014 – Az. 12 Sa 617/14 (sinngemäß auf die Nutzung privater Pkw bezogen).
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