Weiss, Susi / Hans-Günther Kölz

Schlager & Chansons der 50er- bis 70er-Jahre

für Akkordeon, mit MP3-CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Holzschuh, Manching 2016
erschienen in: üben & musizieren 6/2016 , Seite 60

Vorliegende Ausgabe ordnet sich in die Subgenres Oldie oder Evergreen, in kleinem Umfang Chanson ein, die alle mit emotialen, nostalgischen Wirkungen be­frachtet sind. Der musikalische Wert liegt vor allem in der Qualität der Bearbeitung der Melodien einschließlich ihrer klanglichen Charakteristik.
Und da versteht Hans-Günther Kölz sein Handwerk. Entscheidend ist dabei nämlich das Maß der Einbringung traditioneller Jazz-Harmonik: Weder die grund­sätzliche Vermeidung jazziger Akkorde und Alterierungen noch die jazzige Überladung der fast immer zum Mitträllern animierenden Melodien wäre befriedigend. Die dienende Funktion der Harmonik zur bestmöglichen Manifestation der Melodien wurde eben hier sehr gut getroffen. Dasselbe gilt für den Rhythmusanteil dieser Arrangements. Die Stücke bleiben für den Adressaten in erster Linie erkennbar nahe am Original. Deshalb gestaltet sich das begleitende rhythmische Element melodiebereichernd, nicht -zerstörend.
Die Begleitfloskeln in der linken Hand des Standardbass-Akkordeons ergänzen oder verdoppeln die Harmonien der rechten. Dabei hätte der Bearbeiter durchaus die Möglichkeit zweier gleichzeitig gespielter Akkordknöpfe, etwa beim Major-7-Akkord – z. B. f-a-c-e mit F-Dur und a-Moll – mit einbeziehen können. Aus drei Akkordtönen (mit Verdopplungen) würden dann auch nur vier aus der Akkordmechanik heraus gebildet werden, was kaum die Gefahr zu „dicker“ Begleitung bewirken, jedoch bei­de Seiten gleichgewichtig machen könnte.
Die mitgelieferte CD gibt insgesamt einen guten Höreindruck, insbesondere auch bezüglich der Tempi und der jazzigen Artikulation. Das ergänzende Schlagzeug macht sich gut. Solo-Akkordeon ist dadurch natürlich nicht mehr gegeben. Andererseits animiert die zusätzliche Angabe der Akkord-Symbole im Notenbild auch dazu, ein Instrument wie z. B. Gitarre hinzuzunehmen. Kleine Abweichungen der CD-Fassung vom Notentext kann man durchaus als nicht störende künstlerische Freiheiten interpretieren.
Etwas bescheiden wirkt die Ausnützung der dynamischen Breite, die gemäß der Noten durchaus vorhanden wäre. Der CD-Beat wird innerhalb der einzelnen Nummern fast immer kerzengerade durchgehalten. Winzige sinnvolle Temposchwankungen, also Jazz-Agogik, sind nicht auszumachen (drastisch z. B. in Sag mir, wo…). Klanglich ist der Tonträger ausgewogen und fast immer transparent gelungen.
Vierzig Nummern geleiten in die 50er- bis 70er-Jahre, von Arrivederci, Roma über Lady Sunshine And Mister Moon und Merci Chérie bis Pariser Tango – eine ansprechende Auswahl von Susi Weiss, die für Konzept und Arrangement verantwortlich ist.
Hinsichtlich einer Zweitauflage wäre zu bedenken, ob nicht eine umblätterfreundliche Spiralheftung dem Oldie-Fan zugute kommen würde.
Maximilian Schnurrer