Kliegel, Maria

Schott Master Class Cello

Mit Technik und Fantasie zum künstlerischen Ausdruck, mit 2 DVDs

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2006
erschienen in: üben & musizieren 4/2007 , Seite 59

„Analyse und Leidenschaft waren und sind die Sterne, die mich in ihren Bann gezogen haben und die für mich leuchten. Mögen sie auch deine Wege erhellen“, schreibt Maria Kliegel mit viel Pathos im Vorwort ihres Cellobuchs. Und bietet auf den folgenden Seiten eine umfassende Übersicht über Cellotechniken der linken und rechten Hand, deren Stärke in der guten Systematik und dem hohen Praxisbezug liegen. Die einzelnen Kapitel tragen Überschriften wie „Geographie des Griffbretts“, „Die linke Hand“, „Intervalle in Klang und Griff“, „Bogenarm und Klanggestaltung“ und „Lagenwechsel“ und behandeln Schritt für Schritt technische Grundlagen und konkrete Problemlösungen beim Cellospiel.
Immer wieder werden Passagen aus Cellosonaten und -konzerten hinzugezogen, um die theoretischen Überlegungen am konkreten Beispiel zu demonstrieren. Häufig bezieht sich die Kölner Celloprofessorin auf Lehrsätze und Übungen ihres Lehrers Janos Starker, dessen Organized Method of String Playing sie in Auszügen im Anhang anfügt. Das Buch richtet sich in erster Linie an fortgeschrittene CellistInnen, die sich professionell mit ihrem Instrument beschäftigen; durch seine gute Strukturierung und die Vielfalt der konkreten Tipps ist es aber auch für geübte Laien Gewinn bringend.
Die großen Pluspunkte des in der Schott Master Class-Reihe veröffentlichten Buchs sind die beiden beigefügten DVDs, die ähnlich übersichtlich aufgebaut sind. Am Cello sitzend erklärt Maria Kliegel die Tücken des Instruments. Nicht nur verschiedene Stricharten werden von ihr systematisch demonstriert, auch die richtige Körper- und Bogenhaltung und der optimale Einsatz der linken Griffhand werden von Kliegel anschaulich erklärt. Ihre Erklärungen beziehen sich dabei nur auf die technischen Besonderheiten der jeweiligen Stelle, beispielsweise die richtige Anwendung des Staccatos in der Cellosonate von Locatelli oder den korrekten Wechsel zwischen Sautillé und Spiccato im zweiten Satz des Elgar-Cellokonzerts.
Dies alles rein technisch zu betrachten ist etwas schade, weil sicherlich auch künstlerisch-ästhetische Überlegungen zu den auf den DVDs breiten Raum einnehmenden Solokonzerten von Haydn (D-Dur), Schumann und Tschaikowsky (Rokoko-Variationen) sinnvoll gewesen wären, zumal der Untertitel des Buch „Mit Technik und Fantasie zum künstlerischen Ausdruck“ dies verspricht. Aber vielleicht wollte Maria Kliegel ja auch ganz bewusst interpretatorische Überlegungen vermeiden, um die Fantasie des cellospielenden Lesers nicht einzuschränken.
Im abschließenden Kapitel „Im Olymp“ schreibt sie: „Jeder hingebungsvolle Musiker […] hat ein Recht auf seine Expressivität und Sichtweise, auf seine eigenständige und eigenwillige Persönlichkeitsentfaltung.“ Hierfür helfen Kliegels Bemerkungen zu technischen Problemen und deren Lösung eine Menge.
Georg Rudiger