Sephardische Lieder

für Singstimme und Gitarre, bearb. von Ulrike Merk

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Doblinger, Wien 2014
erschienen in: üben & musizieren 1/2015 , Seite 60

Die Sephardischen Lieder, bearbeitet für Singstimme und Gitarre von Ulrike Merk, sind mit einer Aufführungsdauer von einer knappen halben Stunde eher länger als manch andere Veröffentlichung für diese Besetzung. Zum Glück, möchte ich sagen… Die Ausgabe spricht in vornehmer Untertreibung nur von „bearbeitet“. Eigentlich sind dies aber durchaus originale Kompositionen aus dem vorgefundenen Rohmaterial dieser alten überlieferten Liedmelodien. Überliefert und später notiert sind sie nämlich lediglich in ihrer nackten Form: Melodie und Text.
Wenn wir nun Lieder vor uns sehen, komplett mit ausgearbeitetem Gitarrensatz, so ist hier einiges mehr passiert, als Akkorde auszuschreiben. Die Aussetzung ist stark verantwortlich für die Wirkung dieser Lieder – vergleichbar mit einer Filmszene, die mit unterschiedlicher Musik eine ganz andere emotionale Beleuchtung erfahren kann.
Ulrike Merk ist es gelungen, eine im besten Sinne einfache und durchsichtige Ergänzung zu den Melodien zu komponieren. Trotz ihrer Einfachheit sind die Begleitungen teilweise durchaus anspruchsvoll, fast ohne dass man es immer bemerkt. Die Gitarrenstimme wurde immer nur aus dem Tonvorrat, den die Skalen der Melodien liefern, entwickelt. Dies ist sowohl der musikwissenschaflichen Erkenntnis und Vorgabe als auch dem Respekt gegenüber dem Vorgefundenen geschuldet. Dass damit vermieden wurde, die Melodien in Dur-Moll-Tonalitäten einzupassen, trägt zu einer zeitlosen und offenen Wirkung bei.
Ich kann mir allerdings auch gut vorstellen, dass zur Aufführungs­praxis dieser Lieder die eine oder andere interpretatorische Variation und Ausschmückung gehören wird. Der Freiraum dazu ist durchaus angelegt.
Löblich sind ein ästhetisch ansprechendes Notenbild und vor allem eine beigelegte zweite Spielpartitur, die als Stimme fungieren soll. Leider hat man dadurch allerdings das Problem des Umblätterns bei den beiden dreiseitigen Liedern nicht gelöst. Dies bedeutet leider, dass sich z. B. die dritte Seite eines Liedes auf der Rückseite der zweiten befindet. Schade.
Fingersätze sind vorhanden, eventuell sogar etwas mehr als nötig. Immerhin wirken sie hier nicht komplett übertrieben und überladen auf das Notenbild. Fazit: ein schönes und gelungenes Opus, dem viele Aufführungen, ob in Gänze oder in Auszügen, zu wünschen sind!
Daniel Göritz