Mai, Peter

Sonatine

für Viola und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Hofmeister, Leipzig 2007
erschienen in: üben & musizieren 2/2008 , Seite 60

Wer brauchbare Spielmusik für den Unterricht sucht, wird bei Peter Mai (*1935) möglicherweise fündig werden: Seine Kompositionen für Schüler entspringen unmittelbar der pädagogischen Arbeit – Mai war fast 30 Jahre an den Musik(hoch)schulen in Halle und Leipzig tätig – und orientieren sich in Besetzung und Schwierigkeitsgrad an der Umsetzbarkeit im Unterrichtsalltag.
Die Sonatine für Viola und Klavier macht da keine Ausnahme. Mai schreibt im Vorwort, mit ihr werde „ein musikalischer Weg fortgesetzt, der mit der Sammlung ,Neun kleine Stücke für Viola und Klavier‘ begann. Der Anspruch ist nun deutlich höher, aber die Schwierigkeiten halten sich dennoch in Grenzen. Ein unbeschwertes Musizieren wird den Charakter des Werkes am besten zur Geltung bringen.“
Tatsächlich sind die drei kurzen Sätze (mit einer Gesamtspieldauer von ca. zehn Minuten) zwar nichts für Anfänger, aber ein dankbares Vortragsstück für die schon etwas Fortgeschrittenen: Der reibungslose Wechsel in die dritte Lage und zurück wird vorausgesetzt, ist aber schon das Höchstmaß der technischen Anforderungen (auch wenn man mitunter die zweite oder gar die halbe Lage ausprobieren kann).
Kleinere Probleme wie Bogenphrasierung, Akzente oder Saitenwechsel sind wie beiläufig in den musikalischen Ablauf eingestreut, und die Satzüberschriften („Entschlossen“ – „Versonnen“ – „Vergnügt“) zeigen an, dass ganz nebenbei auch verschiedene musikalische Charaktere geschult werden. Vorzeichen gelten immer nur in dem Takt, in dem sie stehen (selbst wenn sich das Stück in einem klaren G-Dur-Rahmen bewegt). Und auch die Gestaltung des Klavierparts ist bewusst so einfach gehalten, dass er von einem Schüler mit vergleichbarem Leistungsstand problemlos bewältigt werden kann.
Innerhalb dieser engen Grenzen kommt die Musik keineswegs zu kurz: Trotz aller Einfachheit entwickelt sich die Abfolge der Gedanken durchaus organisch, nichts wirkt aufgesetzt oder etüdenhaft und man kann als SpielerIn wie als ZuhörerIn gleichermaßen seinen Spaß haben. Dabei hat Peter Mai die traditionelle Sonatinen-Form nicht gerade umgekrempelt: Der erste Satz ist eine Sonatenform en miniature, der zweite eine Art dreiteilige Liedform und der dritte ein fast schon schulbuchmäßiges Rondo. Dennoch hat die klassische Rezeptur ihre individuelle Würze: Kleine kontrapunktische Einsprengsel beleben „entschlossen“ den ersten Satz, der zweite horcht „versonnen“ dem breiten harmonischen Spektrum von e-Moll nach und das Finale überrascht zwischen den „vergnügten“ Refrains mit fauxbourdon-ähnlichen Sextakkordketten.
Die Hofmeister-Ausgabe ist mustergültig und lässt kaum Wünsche offen. Klavier- wie Solo-Stimme sind fehlerfrei, gut zu lesen und mit Taktzahlen versehen. Im Konzert wird man freilich trotzdem einen Umblätterer für den Klavierpart brauchen: Wendestellen waren hier mangels Pausen nicht möglich.
Joachim Schwarz