Trimpert, Heike

Stolze MuKis

Die „musikbetonte Grundschule“ möchte die ganzheitliche ­Musikalisierung der ­Kinder fördern

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 4/2009 , Seite 44

An der Wilhelm-Ophüls-Schule in Velbert wurde mit dem Konzept der Musikbetonung ein eigener Weg zur musikalischen Bildung und Aus­bildung der GrundschülerInnen beschritten. Doch fällt es dem Konzept zunehmend schwer, sich argumentativ gegen konkurrierende Projekte zu behaupten.

Katholischer Religionsunterricht im vierten Schuljahr an der Wilhelm-Ophüls-Schule in Velbert: Schulleiterin Dagmar Peters hat zwei christliche Liedertexte an die Tafel geschrieben. Wie an vielen Grundschulen üblich, begleiten die Kinder ihren Gesang mit Stabspielen. D, A und E – die Buchstaben stehen über dem Text. Alle Kinder sind mit Eifer bei der Sache. Da hat Sabrina eine Idee: „Das Lied können wir doch eigentlich auch mit der Geige begleiten.“ Schnell wird der Schlüssel zum Instrumentenschrank geholt, Julienne und Leon helfen tragen. Das zweite Lied steht in C-Dur. „Klare Sache,“ erklärt Leon, „da brauchen wir die Bratschen.“ Jetzt klingen die Lieder noch viel schöner, das findet auch die Lehrerin. Und ist wieder einmal froh darüber, dass es an ihrer Schule MuKi gibt.
Sabrina, Leon und Julienne sind MuKis, Musikkinder. Sie erhalten im Rahmen der Musikbetonung an der Wilhelm-Ophüls-Schule zusätzlich zum regulären Fachunterricht musikalische Förderung im Umfang von zwei Wochenstunden. Seit 2006 gibt es diesen musikbetonten Unterricht nach einem in die Schule voll integrierten Konzept, das ich gemeinsam mit der Schulleiterin vor dem Hintergrund meiner praktischen Erfahrungen in der Offenen Ganztagsschule (OGS) entwi­ckelt habe. Finanziert wird das Ganze durch das Landesförderprogramm „Kultur und Schule“ und durch Elternbeiträge von zurzeit zehn Euro im Monat. Anders als bei „Jedem Kind sein Instrument“ (JeKi) oder „Jedem Kind seine Stimme“ (JEKISS) steht bei diesem Konzept keine Spezialisierung auf einen bestimmten Aspekt der Musik im Vordergrund, sondern eine elementare, ganzheitliche Musikalisierung, die die Kinder befähigt, musikalische Kompetenzen und Ausdrucksformen in ihr Leben zu integrieren und von Anfang an auf alle möglichen Situationen zu übertragen und selbstständig anzuwenden. Wie zum Beispiel im Religionsunterricht.
Die Erstklässler erhalten zunächst eine MuKi-Stunde pro Woche. Diese ist Teil der regulären Stundentafel der Schule, ich wurde dafür als Musikpädagogin bei der Schule angestellt. Rhythmik und allgemeine Wahrnehmungsschulung stehen hier auf dem Programm. Körper und Stimme, Hör-, Bewegungs- und Tastsinn sollen gleichermaßen sensibilisiert werden. Dabei ergeben sich nicht nur Anknüpfungsmöglichkeiten zu zahlreichen Inhalten des Sport- oder Kunstunterrichts, sondern es kann auch ergänzend zum Lehrplan in den Kernfächern Deutsch und Mathematik gearbeitet werden.
Ab dem zweiten Schuljahr können sich die Kinder dann zur zweistündigen Musikbetonung anmelden. Da die Wilhelm-Ophüls-Schule zweizügig ist, achten wir darauf, dass die Anzahl der teilnehmenden Kinder sich ungefähr gleich auf beide Klassen verteilt. Eine der beiden MuKi-Stunden, die Chorstunde, wird von allen MuKis eines Jahrgangs besucht. Ausgehend von der Annahme, dass die Stimme das ureigenste Instrument des Menschen ist (und das Singen eine seiner ­ersten Lautäußerungen überhaupt), kommt dem Chor zwangsläufig eine große Bedeutung innerhalb der Musikausbildung zu. Die relative Solmisation dient hier als Mittel zur Gehörschulung und Stimmbeherrschung, wo­bei die Improvisation mit Handzeichen und Stimme eine große Rolle spielt.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 4/2009.