Herbst, Sebastian

Teilweisung – zwischen Erwartung und Pflicht

Kommentar

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 2/2018 , musikschule )) DIREKT, Seite 01

Einer Berliner Musikschullehrerin, die seit vielen Jahren an ein und ­derselben Musikschule in Teilzeit festangestellt und darüber hinaus mit weiteren Stunden als Honorarkraft tätig war, wurde 2015 die parallel
ausgeübte Honorartätigkeit seitens der Musikschule untersagt. Der Grund: Die Deutsche Rentenversicherung kam bei einer Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass eine einheitliche sozialversicherungspflichtige ­Beschäftigung vorliege und stellte daraufhin eine Nachforderung für
zu wenig gezahlte Sozialabgaben.

Vor Gericht wollte die Musikschullehrerin daraufhin klären, ob die ­gesamte Unterrichtsverpflichtung einschließlich der Unterrichtsstunden aus der Honorartätigkeit auf einem einheitlichen Arbeitsverhältnis ­beruhe und sie mit einem höheren Stundendeputat zu beschäftigen sei. In der Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg entschied nun auch das Bundesarbeitsgericht am
17. Oktober 2017 eindeutig und sachlogisch nachvollziehbar, dass es sich zwar um ein im sozialrechtlichen Sinne einheitliches Beschäftigungs­verhältnis handele, jedoch nicht um ein einheitliches Arbeitsverhältnis nach Arbeitsrecht – und wies die Klage ab. In der Urteilsbegründung ­bezieht sich das BAG auf den vielen Musikschullehrenden bekannten
und von vielen Musikschulen verwendeten Honorarvertrag, der ein freies Dienstverhältnis ohne Weisungsgebundenheit bestätige.

Ein gleichzeitiges Arbeitsverhältnis (festangestellt) und Dienstverhältnis (Honorartätigkeit) zum selben Arbeitgeber ist laut Urteilsbegründung also nicht von vorneherein ausgeschlossen, wenn das Weisungsrecht aus dem Arbeitsvertrag nicht für die Tätigkeiten im Rahmen des Dienst­verhältnisses gilt.

In einem ähnlichen Fall heißt es in der Urteilsbegründung des BAG vom 27. Juni 2017: „Soweit die Klägerin geltend macht, das beklagte Land habe erwartet, dass sie sich an der studienvorbereitenden Ausbildung
und an Vorspielen ihrer Schüler in gleicher Weise wie im Rahmen ihres ­Arbeitsverhältnisses beteiligt, übersieht sie, dass die Äußerung von ­Erwartungen mit der Erteilung von Weisungen nicht identisch ist.“

Zwar ist die Urteilsbegründung auf Grundlage des Honorarvertrags nachvollziehbar, die Realität ist jedoch eine andere. Logisch wäre dann eben auch, dass die Lehrerin je nach Formulierung des Honorarvertrags ­beispielsweise Klassenvorspiele nur mit SchülerInnen aus dem Arbeits­verhältnis veranstaltet oder lediglich prozentual an Konferenzen teilnimmt. Doch engagierte, schülerorientierte und von ihrem Beruf ­überzeugte ­MusikpädagogInnen würden so etwas niemals tun.