Macmeeken, Michael / Alberto Mesirca (Hg.)

The Chanterelle Guitar Anthology

40 Classical Guitar Miniatures from Sor to Segovia, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Chanterelle, Mainz 2019
erschienen in: üben & musizieren 5/2019 , Seite 64

Die 40 Stücke dieser Sammlung wurden nach den Kriterien „nützlich, angenehm, lohnend und ansprechend“ weitgehend aus dem Repertoire des Chanterelle Verlags zusammengestellt. Sie sollen darüber hinaus, so Mitherausgeber Michael Mac­meeken in seinem Vorwort, sowohl die Musikalität als auch die Spieltechnik anregen und fördern. Wir begegnen in dieser Sammlung vorwiegend den bekannten Namen des Gitarren­repertoires wie Fernando Sor, Dionisio Aguado, Luigi Legnani, Matteo Carcassi, Napoléon Coste, Antoine de Lhoyer, Giulio Regondi, Francisco Tárrega, Miguel Llobet, Julio Sagreras, Manuel Ponce (als einziger Nichtgitarrist), Agustin Barrios und Andrés Segovia.
Die Titel der 40 Einzelsätze lauten Caprices, Exercises, Lecciónes, Etüden, Präludien. Daneben finden sich zwei Menuette (Sor) und ein Abendlied (Mertz). Die kleine Form dominiert wie so oft im Repertoire für die Gitarre. Doch die Befürchtung eventueller Einförmigkeit erweist sich bei dieser Auswahl als unbegründet. Möglicherweise haben die Gitarrenkomponisten gerade das Etikett „Etüde“ bewusst gewählt, um sich einem anspruchsvolleren Publikum zu präsentieren, das nicht nach nur leichter Kost ­Ausschau hielt.
Die Stücke erfüllen alle im Vorwort erwähnten Kriterien und die Musik lädt zu einer weiteren Beschäftigung mit den jeweiligen Komponisten ein. Die stilistische Bandbreite deckt das klassische und romantische Repertoire ab, wobei einzelne Sätze einen folkloristischen Ursprung haben (Sagreras, Llobet). Das Druckbild ist ausgezeichnet und es finden sich kaum Fehler. Erwähnt seien Takt 24 (S. 47) im Preludio sobre un tema de Mendelssohn von Francisco Tárrega, in dem das Auflösungszeichen für das cis fehlt, oder die falsche ­Lagenbezeichnung im Preludio ein Mi Mayor von Agustin Barrios, die im Takt 17 (S. 63) irrtümlich die VII statt der VIII vorgibt. ­Fragwürdig ist, warum in Estilo Criollo no. 1 von Julio Sag­reras in den Takten 18 bis 20 (S. 50) eine dreimal wiederholte Note dreimal einen Fingersatz für die linke Hand erhält; eine entsprechende Redundanz findet sich in Takt 9 des Prélude no. 7 von Manuel Maria Ponce (S. 58).
Neben der Musik sind erfreulicherweise einige sehr informa­tive Textbeiträge enthalten, ein Einführungstext (Macmeeken), Übehinweise zu den einzelnen Stücken des für den praktischen Teil zuständigen Alberto Mesirca, Kurzbiografien der Komponisten, ein Kommentar zur editorischen Praxis, ein kommentiertes Quellenverzeichnis sowie eine Biografie Mesircas.
Insgesamt zeigt sich eine sehr sorgfältige editorische und musikalische Herangehensweise. Die CD ist ebenfalls sehr lobend zu erwähnen: Alberto Mesirca setzt den Notentext mit feinem Gespür für die klanglichen Details um und zeigt, warum diese Kompositionen Eingang in diese Anthologie erhalten haben. Als Einstieg oder Vertiefung ist diese Ausgabe nur zu empfehlen.
Andreas Stevens-Geenen