Groß, Karin

Tierisch klavierisch

Pianimals in Motion. 46 leichte Klavierstücke (nicht nur) für Kinder, Band 1, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Holzschuh, Manching 2010
erschienen in: üben & musizieren 3/2011 , Seite 64

Karin Groß’ wunderbar illustrierte und umfangreiche Sammlung kurzer „tierischer“ Charakterstücke beinhaltet nicht nur eine lautmalerische Darstellung von Tieren, sondern verknüpft diese mit Musik- und Tanzstilen von der klassischen Serenade („Eine kleine Bärenserenade“), dem romantischen und impressionistischen Stimmungsbild („Glühwürmchen“) über den Cha-Cha-Cha (beim Seehund), die Promenade (beim Küken), die Polka (beim Hummer), den Foxtrott, den Boogie (beim Känguru) bis hin zum Blues (beim Koala) und Jazz („Kommissar Spürnase“). Des Weiteren geht es Groß um die Vermittlung fremdländischer, „alter“ und „neutönender“ Musiksprache, die beispielsweise durch „orientalische“ Tonintervalle („Zug der Dromedare“, „Der Schlangenbeschwörer“), leere Quinten („Fossilien“) oder chromatische Melodik („Das Hamsterrad“) vertreten werden.
Da wandelt der Elefant in klirrenden Sekundschritten durch den Porzellanladen („Ein riesengroßes Trampeltier“), da schnappt das Riesenmaul des Raubtiers mit bedrohlichen Clustern zu („Das Krokodil“) und klopft „Herr Specht“ auf den Klavierdeckel. Mit der durchaus gegebenen Vielfalt an Dur- und Molltonarten (bis zu fünf Vorzeichen) geht auch eine Bandbreite an Stimmungen und Emotionen einher – von Traurigkeit und Schmerz („Mitleid mit Waldi“), Melancholie („Koala-Blues“), Trägheit („Freundliche Dickhäuter“), Eitelkeit („Der eitle Gockel“) über Mystik („Im Korallenriff“) bis hin zur Umtriebigkeit („Fleißige Bienen“) und Ausgelassenheit („Fahrt mit dem Rentierschlitten“).
Dies drückt sich auch in der dynamischen Skala (von dreifachem Pianissimo bis zum Fortissimo) und einem großen Ambitus aus. Zudem vermögen Spielanweisungen wie „zart und funkelnd“, „kristallklar“ oder „schwerelos“ die Fantasie und Experimentierfreude anzuregen. Einige Stücke werden durch einen Liedtext ergänzt. Spezielle Effekte wie die Oktavierung der Bass- und der Sopranstimme („Polarbären“) und das Nachklingen der Töne durch das Gedrückthalten der Tasten („Maulwurfshügel“) untermauern dies. In Stücken wie diesen entstehen besondere Klangwirkungen.
Die technische und gestalterische Ebene wird ausgiebig bedient: der Wechsel und das Übersetzen von rechter und linker Hand, Legato und Staccato, Lagenwechsel, Ton- und Taktartenwechsel und Artikulation. Die einfache Strukturierung der Stücke, einprägsame Melodik sowie wiederkehrende Elemente in Rhythmik und Motorik erhöhen den Trainingseffekt und fördern das freie Spiel (Groß nennt dies „Merkfreundlichkeit“). Um die jeweiligen „Aufgabenstellungen“ deutlicher herauszustellen und Erfolgserlebnisse zu schaffen, werden nur wenige parallel behandelt.
Der Band wird ergänzt durch eine Begleit-CD, auf der sämtliche Charakterstücke in bemerkenswerter Ton- und Spielqualität enthalten sind.
Christoph Guddorf