Eikmeier, Corinna

Ungewohnte Positionen

Ein praktischer Beitrag zur Anwendung der Feldenkrais-Methode in der musikalischen Improvisation

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Burkhard Muth, Fernwald 2010
erschienen in: üben & musizieren 4/2011 , Seite 55

Ungewohnte Positionen ist eine praktische Experimentieranleitung für InstrumentalistInnen vom Laien bis zum Profi, die auf der Suche nach Erweiterung ihrer Ausdrucksmöglichkeiten neue Erfahrungen mit ihrem Körper, ihrer Wahrnehmung und der Musik machen wollen. Die vorgestellten Übungen können für den Selbstversuch, für Gruppenimprovisationen oder den Instrumentalunterricht herangezogen werden.
Der mehrdeutige Titel der Publikation bezieht sich einerseits auf die von der Feldenkrais-Methode ausgehenden und für die meisten LeserInnen sicher ungewohnten Bewegungen, zu denen man während der Lektüre aufgefordert wird. Andererseits spielt er auf die an Musik(hoch)schulen leider noch selten thematisierten körperlichen Voraussetzungen für das Spielen auf dem eigenen Instrument an. Natürlich gibt es in der Musikausbildung Fächer wie den Gesangsunterricht, in denen Körperbewusstsein im Mittelpunkt der Lehre steht, aber beispielsweise unter PianistInnen herrscht verbreitetes Schweigen über die profanen Hintergründe der hohen Kunst. Erst wenn akute Probleme beim Spielen auftreten, wird über Bewegungsalternativen oder Fehlhaltungen ernsthaft nachgedacht. Inzwischen bieten einige Musikhochschulen Zusatzangebote wie Alexandertechnik, Yoga oder Feldenkrais an. In diesem Kontext ist auch die vorliegende Publikation zu sehen, die in einem Kurs mit mündlicher Vermittlung durch die an der Musikhochschule Hannover lehrende Autorin Corinna Eikmeier sicher noch viel ansprechender ist als in Buchform.
Corinna Eikmeier, geboren 1969, ist klassische Cellistin, Improvisationskünstlerin und ausgebildete Feldenkrais-Lehrerin. In ihrem Buch entwickelt sie ausgehend von eigenen Erfahrungen mit der Feldenkrais-Methode musikalische Übungen, die der Verfeinerung der Wahrnehmung dienen, aber auch gute Basisübungen für die Erarbeitung unbekannter Ausdrucksbereiche, neuer Klangarten oder Spielweisen darstellen, wie sie in Werken zeitgenössischer Musik gefordert werden. An dieser Stelle seien die Übungen zur völligen Isolation zweier Töne erwähnt, einer Beziehungslosigkeit, wie sie beispielsweise von John Cage thematisiert wird.
In einer anderen Übung soll versucht werden, den Gestus einer alltäglichen Tätigkeit auf das eigene Instrument zu übertragen, oder man wird aufgefordert, den Motor für das eigene Spiel an einer besonderen, vielleicht absurd scheinenden Stelle im Körper zu fühlen, zum Beispiel im kleinen Finger. Dabei geht es oftmals weniger um Improvisation als um das sensible Zuhören und das Einfühlen in elementare Klangerzeugung.
Deshalb ist das Buch empfehlenswert, sei es als kleines Sammelsurium von Aufgaben zum Einspielen, zum mentalen Erwachen und Richten der Aufmerksamkeit oder als Kontrapunkt während einer Übesequenz.
Anja Kleinmichel