Vienna Symphonic Play Alongs

W. A. Mozart: Konzert für Flöte und Orchester G-Dur KV 313/C. Ph. E. Bach: Konzert für Flöte und Orchester d-Moll Wq 22 / Joseph Haydn: Klavierkonzerte XVIII/11 D-Dur/XIV/12 C-Dur/ XIV/13 G-Dur

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: Interactive Video Play Along Vienna Vista, Wien 2013
erschienen in: üben & musizieren 2/2014 , Seite 53

Durch die Kombination von Bildern, Tönen und Noten haben sich die Vienna Symphonic Play Alongs (VSPA) zum Ziel gesetzt, Musikliebhabern „etwas Neues zu bieten. […] Eine neue Darstellungsform, die versucht, dem Werk gerecht [zu] werden – durch Vielschichtigkeit. Die es nicht interpretiert oder behübscht, sondern es in der Tiefe erfassbar macht. Sichtbar, hörbar, erlebbar.“ (VSPA-Website)
Eine Voraussetzung für die Instal­lation ist Microsofts .NET Framework ab Version 4.0, was aber leider erst nach erfolglosem Ins­tallationsversuch gemeldet wurde. Als sich im weiteren Verlauf der langwierigen Installation das Programm meldete, um .Net zu installieren, rief das Fehler hervor, wodurch ich wieder von vorn beginnen musste. Ferner wurde bei jedem Programmstart ein nicht existierendes Update verlangt.
Nach diesem holprigen Start erreicht man das dreigeteilte Anfangsmenü: in der Mitte der Formaufbau, flankiert von den Noten der Solostimme und der Partitur. Ist eine Stelle ausgewählt, werden die anderen Ansichten wenig später synchronisiert. Die Formbeschreibungen sind vereinfacht bis fehlerhaft,
z. B. Einsatz der Durchführung und falsche Taktangaben (Reprise) im 1. Satz des D-Dur-Konzerts von Haydn oder falsche, vom C-Dur-Concertino übernommene Formbezeichnungen und Taktangaben in Haydns G-Dur-Concertino. Tonartenverläufe wer­den nicht berücksichtigt. Unten auf der Seite sind zwei Videos des Dirigenten und Solisten mit einigen sehr allgemeinen Bemerkungen zu den Werken und detaillierten biografischen Informationen über den Solisten anwählbar.
Es folgt das eigentliche Hauptmenü, unterteilt in die Ansichten Dirigent, Solist, Orchester, Noten (Solist, Partitur), Steuerungspult. Bis auf das Steuerungspult lassen sie sich einzeln vergrößern oder ausblenden. Die Interpretationen von Solist, Dirigent und Orchester sind musikalisch erfreulich gut gelungen. Abweichungen zwischen Klang und Notentext (z. B. Verzierungen und Oktavierungen im Mozart-Konzert) bleiben jedoch unkommentiert. Die Notenansicht für den Solisten hat einen Zoomregler, der zwischen gut lesbaren Ausschnitten und einem Überblick über die ganze Notenseite wählen lässt. Die Notendarstellung Partitur (alternativ klingend oder transponiert) ist leicht verzerrt. Durch einen Seiten-Index kann man einzelne Seiten direkt anspringen.
Gut gemacht sind die Naviga­tionsmöglichkeiten in den Noten (Takte anwählen, Wiederholungszeichen setzen etc.). Wenn man die Musik bei Fullscreen-Einstellung laufen lässt, ist es nicht mehr möglich, mit Escape zum Hauptmenü zurückzukehren; man muss dann das Programm schließen und neu starten. Das Steuerungspult bietet attraktive Möglichkeiten, u. a. bequemes Navigieren im Werk, Setzen von Loops, Temporeduktion (realtime), Lautstärkenbalance zwischen Solist und Orchester, Sinusgenerator für Stimmtöne. Im Untermenü Noten kann man zwischen Solo, Einzelstimmen und Partitur auswählen und ein klassisches Met­ronom nutzen.
Im Notentext fehlen leider meist Studierbuchstaben und Stich­noten. Der Notensatz ist ordentlich, aber das Seitenlayout nicht optimal (Seitenränder zu klein u. a.); teils fehlen Partiturseiten (z. B. Haydn D-Dur-Konzert, 1. Satz, S. 14, S. 16 bis Ende). Im Bearbeiten-Menü finden sich vielfältige Einstellungsmöglichkeiten, etwa zum Einsatz eines optionalen Fußschalters. Auch die absolute Tonhöhe der Wiedergabe ist beeinflussbar (zwischen a = 415-467 Hz). Sehr ärgerlich ist, dass das Untermenü Drucken nicht funktionsfähig ist. Vielleicht, weil eine Registrierung des Produkts nicht möglich war („Seriennummer ungültig“)? Schade ist auch, dass man den Notentext nicht individuell im Computer einrichten kann (Fingersätze, Phrasierung, Dynamik u. a.). Folglich muss man einen Laptop oder ein hochwertiges Tablet auf dem Pult haben und braucht für die Einstudierung zusätzlich eine andere Notenausgabe.
Fazit: Es steckt viel Arbeit in dieser Edition. Es gibt nette Features und zahlreiche Einstellmöglichkeiten. Leider fehlt aber eine wissenschaftlich-pädagogische Betreuung des Projekts und ein verlässliches Lektorat. Auch die Programmierung ist nicht immer sauber. So gibt es diverse Tastenkombinationen, die zu Abstürzen oder Fehlfunktionen führen. Der pädagogische Nutzen der Reihe – für sieben verschiedene Instrumente liegen inzwischen DVDs vor – ist noch eingeschränkt. Die Möglichkeiten, einen Dirigenten direkt vor sich zu haben oder permanent ein Orchester von schräg oben zu sehen, nützen einem für die Erarbeitung kaum. Dagegen fehlen fundierte Hinweise zur Interpretation und Quellenlage, die für eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit einem Werk nötig wären.
Vielleicht können die aufwändig umgesetzten Play-alongs dennoch für fortgeschrittene musizierende Laien interessant sein, die Freude daran haben, anspruchsvolle Werke computergestützt zu erarbeiten.
Andrea Welte