Schumann, Ricarda
Vier Elemente
für Flöte und Gitarre
Die Macht der Elemente ist so gewaltig, dass KünstlerInnen aller Epochen und Genres sich von ihrer inspirierenden Wirkung zu künstlerischen Auseinandersetzungen anregen ließen – im Wesenhaften, im Nachzeichnenden, im emotional Packenden gleichermaßen. Was liegt da näher, als sich mit seinem eigenen Instrument dem Faszinosum dieser Naturgewalten anzunehmen?
Die Musikerin und Schauspielerin Ricarda Schumann nähert sich der Thematik mit Querflöte und Gitarre in ihren Kompositionen auf zugleich sphärische wie beschreibende Weise: In ihrem Zyklus Vier Elemente beginnt sie folgerichtig mit einem Allegretto leicht wehender „Luft“, mit vibrierendem, luftigem Ton der Flöte, über Flageoletttönen der Gitarre tonal und rhythmisch gebunden in den Raum getupft, alsbald in chromatisierenden Passagen wirbelnd sich entwickelnd: ein Zwiegespräch zwischen beiden Instrumenten, das sich zunehmend intensiviert.
Im folgenden „Wasser“ übernimmt die Gitarre den schaukelnden Grundgestus, auf den sich die Flöte zunächst mit Lichtspielen legt, später in das gemeinsame Wellenspiel, muntere Plätschern einstimmt und im Wesen beider Instrumente nicht an das urgewaltige Meer denken lässt, sondern an das Spiel zwischen Licht und Schatten, das Aufblitzen silbriger Fische beim Sprung aus dem eher heiteren Wasser als Assoziation evoziert: Technisch hier wie da auf den ersten Blick nicht problematisch, in der reduzierten Schlichtheit der kompositorischen Anlage jedoch gerade herausfordernd.
Rezitativisch-ernst beginnt die Querflöte ihr Thema im Andante der „Erde“, in doppelgriffigen Terzen antwortet die Gitarre, leitet über zur intensiven Korrespondenz zwischen beiden Instrumenten. Der aus Sicht der Querflöte eher strophisch gedachte Part lädt ein zur Auseinandersetzung spielerischer Möglichkeiten „Motiv/Verarbeitung“ – sicher eine reizvolle Komponente insbesondere gemeinsam mit einer fortgeschrittenen Schülerin, die auf der Basis des kompositorischen Ausgangsmaterials eigene Ideen entwickeln könnte.
Nicht zu erhaschen sind im abschließenden „Feuer“ die funkensprühenden, dynamisch breit aufgestellt auflodernden Flämmchen, die sich rhythmisch im unruhigen 5/8-Takt zu einem irisierenden Tanz entwickeln; Flatterzunge, parallel geführte Achtelketten, scheinbares Abreißen des Flusses in schier atemlos erreichten gemeinsamen Pausen – hier dominiert die dramatische Seite des Elements. Nach einem Zur-Ruhe-Kommen steigert Schumann die Assoziationen der tanzenden Flammen zu einer brillanten und funkensprühenden Schlussphase, die temperament- und wirkungsvoll endet.
Bereits als Einzelstücke sind diese vier Kompositionen interessante Kleinode auch schon für die fortgeschrittene Schülerin und insbesondere in der Kammermusik mit Gitarre spannend und den Unterricht bereichernd; als Konzertstücke sollte man alle vier Kompositionen in Folge aufführen, um die Binnenkorrespondenz zur Wirkungsverstärkung zu nutzen.
Christina Humenberger