Noll, Felizitas
Vom schönen Klang
Ästhetische Bildung am Klavier
Ausgangspunkt der Arbeit sind Beobachtungen der Autorin aus dem Umgang mit Klavierschülern im Einzel- und Gruppenunterricht, die auf eine zentrale Problematik schließen lassen, die sich bei der Übertragung von Wissen aus den unterschiedlichsten Situationen und subjektiven Bedingungen ergibt. Mit diesem „schwankenden Boden der Lebenswelt“ (J. Vogt) ist der Ausgangspunkt ihrer Untersuchung umrissen und so werden drei pädagogische Grundfragen formuliert: „Wie eignet der Mensch sich Welt an? Worauf richtet sich die Aneignung beim Klavierspiel? Wie ereignet sich Bildung?“
Hieran anknüpfend lautet die Hauptthese: „Grundlage für die Rezeption und Produktion eines ‚schönen‘ Klangs ist die musikalisch-ästhetische und musikbezogene Bildung – eine Bildung, die ihre Orientierung aus der Kultur nimmt und sie darauf bezieht.“ Es folgen differenzierte Betrachtungen und Diskussionen über konstruktivistische, phänomenologische und anthropologische Sichtweisen. Vor diesem Hintergrund versteht die Autorin die Arbeit als didaktisch-konzeptionelle Grundlagenarbeit, unter Berücksichtigung des Ineinandergreifens von prozeduralen, deklarativen und unbewussten Lernprozessen und schließlich der im Titel dieser Arbeit mitschwingenden Frage, inwieweit es möglich ist, im Klavierunterricht das „Schöne am Klang“ zu vermitteln. So wird die Arbeit am „Klang“ zum Medium für die ästhetische Bildung, wobei vor allem die subjektiven und historischen Dimensionen thematisiert werden.
Im zweiten Teil der Arbeit werden in einem weiten Bogen wissenschaftliche Erklärungsmodelle zum Klang diskutiert. Hier finden sich neben phänomenologischen, kognitionstheoretischen oder konstruktivistischen Perspektiven auch Betrachtungen zu Bedingungen ästhetischer Praxis (z. B. instrumententechnische Gegebenheiten, tonsetzerische Faktoren), Urteile über die Qualität künstlerischer Kommunikation und schließlich drei Klaviermethodiken (C. Ph. E. Bach, A. Kullak, Jürgen Uhde/Renate Wieland), die für eine Analyse nach bestimmten Prinzipien exemplarisch ausgewählt wurden. Da in diesem Zusammenhang auch der Zeitraum 1753 bis 2005 genannt wird, wäre es interessant gewesen, die Auswahlkriterien zu erfahren und ob die genannten AutorInnen mit ihren Methoden stellvertretend für einen bestimmten (klavierpädagogischen) Zeitgeist stehen.
Im Anhang findet sich eine Falttafel, die eine erste Übersicht bietet zu neunzehn „Klaviermethodiken“ aus dem genannten Zeitraum, deren Analyse im Hinblick auf Klang im Zusammenhang mit den Ausführungen in Kapitel vier und fünf zu den Kriterien wohl erste Hinweise geben mag. In den folgenden Kapiteln werden die zu Beginn aufgeworfenen Grundfragen (implizit) in didaktischen Zusammenhängen neu aufgegriffen und diskutiert. Insgesamt bieten sich hier zahlreiche komplexe Betrachtungen zur ästhetischen Bildung am Klavier.
Romald Fischer