Bieneck, Melanie

Vom Vorteil einer Hintertür…

Begriffe, Links und Websites

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2001 , Seite 14

Melanie Bieneck gibt eine kurze Einführung in die Bedeutung der Begriffe Wave, AIFF, MP3 oder MIDI. Sie gibt außerdem Hinweise auf Linklisten und Websites, die zur Vorbereitung des eigenen Unterrichts nützlich sein können.

Der Internet-Boom des 21. Jahrhunderts rauscht an vielen ausgebildeten und ausbildenden MusikpädagogInnen sang- und klanglos vorbei, obgleich im Netz geradezu mit Klängen „getönt“ wird: Hier ein MIDI-File, dort MP3, Wave, AIFF, etc. – die Angebote zum Downloaden entsprechender Dateien fliegen einem förmlich um die Ohren. In allen Bereichen der Musikpädagogik, vom Instrumentalunterricht bis zur Vermittlung der allgemeinen Musiklehre, hat sich, stellvertretend für live produzierte musikalische Hörproben, der Zugriff auf digitale (immer seltener analoge) Klangbeispiele bewährt. Live produzierte Hörproben sind im Rahmen des Unterrichts oft nicht zweckmäßig, wenn anhand ausgewählter Stellen lediglich ein Höreindruck zu Analysezwecken vermittelt oder die künstlerische Entfaltung angeregt werden soll.

Zur Präsentation werden bevorzugt „handfeste“ Medien gewählt: Platten, Tonbänder (Speichermedien für analoge Audiodaten), CDs, MDs (Speichermedien für digitale Audiodaten). Durch die zunehmend erwartete Flexibilität im Umgang mit medialer Unterrichtsgestaltung bleibt derjenige, der gewohnheitsmäßig auf die altbewährte „Hausapotheke“ in Form einer heimischen, mehr oder weniger ausreichend bestückten Plattensammlung zurückgreift, schon mal „auf dem Schlauch stehen“. Der heutige Musiklehrer, der nicht nur seine Anforderungen erfüllt, sondern die Konfrontation mit neuen Herausforderungen sucht, wird dagegen seltener „auf dem Schlauch stehen“, wenn er sich mit dem einen oder anderen Hintertürchen vertraut macht.

Der entscheidende, völlig entspannte Schritt über die Schwelle des Hintertürchens sei einmal anschaulich geschildert: Aufgrund eines außergewöhnlichen Unterrichtsverlaufs ergibt sich für eine Lehrkraft die Notwendigkeit, in der Folgestunde, die schon am nächsten Tag stattfindet, ein konkretes Klangbeispiel „aus dem Hut zu zaubern“. Die Frage ist: Woher nehmen? Ein Lehrer vom Typ A wird den physisch begehbaren Weg der Medien-Beschaffung wählen: KollegInnen um Rat fragen, vom CD-Händler A zum CD-Händler B laufen, bei denen der gesuchte Titel gerade vergriffen, kürzlich erst bestellt oder mit diversen anderen Songs auf einem Datenträger vereint ist, die dazu beitragen, dass der Preis ebenso wie der Aufwand den Nutzen bei weitem übersteigen.

Ein Lehrer vom Typ B dagegen wird sich ohne Rücksicht auf Ladenschlusszeiten entspannt im Schreibtischsessel zurückgelehnt per Mausklick auf den Weg der virtuellen Daten-Suche begeben. Das Hintertürchen Internet öffnet unzählige Pforten zu endlosen Pfaden, die ihrerseits in verschiedene Richtungen verzweigen. Um nicht wie in einem Labyrinth umherzuirren, macht sich Lehrer B den Service einer Suchmaschine zu Nutze, die im Fall eines positiven Suchergebnisses (x Treffer) – wie die imaginäre Pforte – die Auswahl zahlreicher Pfade („Links“) ermöglicht. Mit Hilfe eines Links, der zu dem eingegebenen Song führen soll, erreicht Lehrer B eine Website, die unterschiedliche Dateiformate zum kostenlosen Downloaden des gesuchten Musikstücks bietet: Wave, AIFF, MP3, MIDI. An dieser Stelle muss er sich sowohl über die Eigenschaften dieser Formate als auch über die beabsichtigte Verwendung der gesuchten Klang-Datei bewusst sein.

Wave
Wave ist ein weltweit verbreitetes digitales Audioformat, das bei einer Auflösung von 16 bit und einer Samplerate von 44,1 kHz Sounds in CD-Qualität enthält. Obgleich die Wave-Form von Windows-Rechnern als Standard-Format erkannt wird, ist das Herunterladen einer Datei dieses unkomprimierten Soundformats für reine Konsumzwecke, also in Fällen, da der User keine „handwerklichen“ Manipulationen der Datei mittels Audio-Bearbeitungsprogrammen durchzuführen erwägt, mit Hinblick auf die enorme Datenmenge (Wave-Dateien gehören der MegaByte-Größenordnung an), die eine längere Übertragungsdauer bedingt, nicht zu empfehlen.

AIFF
Bei AIFF (Audio Interchange File Format) handelt es sich um ein Soundformat, das ursprünglich von der Firma Apple für Macintosh-Plattformen entwickelt wurde, inzwischen ein gängiges Format für Windows und Mac darstellt und der Wave-Form hinsichtlich der Dateigröße und Qualität vergleichbar ist.

MP3
Der Audiostandard MP3 bietet aufgrund seiner extrem hohen Komprimierungsraten (ein spezielles Kompressionsverfahren lässt Sounddateien unter relativ geringen Qualitätseinbußen auf bis zu 1/12 ihrer Größe zusammenschrumpfen) die Möglichkeit, komplette Musikstücke in kurzen Download-Vorgängen auf den heimischen Rechner zu übertragen.

MIDI
MIDI (Musical Instruments Digital Interface) ist die grundlegende Spezifikation für die Datenübertragung zwischen digitalen Musikerzeugern. Eine MIDI-Datei enthält Steuersignale, die von Computern zu Instrumenten oder von Eingabeinstrumenten (Masterkeyboards) zu Computern, Synthesizern oder Expandern transportiert werden. Fortlaufende Signalveränderungen (Events) wie z.B. Informationen über die Tonhöhe, Anschlagstärke, Ausklangdauer, Lautstärke, den MIDI-Kanal, das simulierte Instrument, Hall, Chorus und Effektanteile werden im Prozess der Datenübermittlung weitergeleitet. Um eigene MIDI-Dateien zu erzeugen, benötigt man ein MIDI-Einspielkeyboard und ein Sequenzerprogramm (z.B. „Steinberg Cubase“, „Emagic Logic“ oder „Cakewalk“) zur Festlegung von MIDI-Befehlen und natürlich zum Exportieren der MIDI-Datei, die in ihrer resultierenden Gestalt mit der Dateiendung .MID in jedem beliebigen MIDI-Player (erhältlich über Downloadarchive, Freeware/Shareware) abgespielt werden kann.

Eine spezielle Software zur Klangwiedergabe ist auch für das Anhören von MP3-Files erforderlich. MP3-Player werden, ebenso wie MIDI-Player, in Freeware/Shareware-Beständen unter der Kategorie Audio/Sound/MP3 zum Downloaden bereit gestellt. Die eingangs erläuterten Standardformate Wave und AIFF können von systemeigenen (PC/Windows, Mac) Medienplayern gelesen werden.

Sollte man sich zum Herunterladen eines Musikstücks für das Soundformat MP3 entscheiden, könnte man den Vorteil eines kurzen Ladevorgangs genießen, während beim Zugriff auf Wave oder AIFF eine längere Übertragungszeit in Kauf genommen werden müsste. Alle drei Soundformate lassen sich, auf Audio-CD gebrannt, ohne weiteres in externen CD- bzw. MP3-Playern abspielen. Um eine MIDI-Datei in entsprechender Weise, d. h. in Abwesenheit eines Computers, präsentieren zu können, muss man sie mit Hilfe eines Sequenzerprogamms in eine Audio-Datei umwandeln und als Wave-, AIFF- oder MP3-Datei exportieren.

Eine Linkliste, die – ausgehend von der Seite des IPMM (Informationspool Musikunterricht und Multimedia) innerhalb der „Musicweb“-Einrichtung der Hochschule für Musik und Theater Hannover – über die Adresse http://musicweb.hmt-hannohttp://musicweb.hmt-hannover.de/ipmm/mth_content/frameset_mth.htmver.de/ipmm erreicht werden kann, bietet mit einem reichhaltigen Verzeichnis diverser Kategorien weiterführende Einträge und somit schnelle Zugangsmöglichkeiten zu ausgewählten Internetseiten. Der virtuelle Weg, über den unser Lehrer B in den Besitz der gesuchten Sounddatei gelangt ist, lässt sich anhand von wenigen Stichworten rekonstruieren: „Suchmaschine“, „Download“, „Sound“, „MP3“, „Player“. Ein Blick auf das Verzeichnis der o. a. Linkliste erfasst – neben vielen anderen Kategorien – Einträge, die zu den aufgelisteten Stichworten wertvolle Hilfestellungen leisten können, z.B.: „Suchmaschinen, Suche von e-Mail-Adressen & MP3-Files“, „MIDI-Files zum Downloaden und Bestellen, MIDI allgemein“, „Synthesizer, Sounds, Musiksoftware“, „Musikdatenbanken allgemein“ und „Musik im Internet allgemein“. Wer sich von dem zunehmenden Stellenwert der „Musikpädagogik im Internet“ überzeugen will, sollte sich an Einträgen wie „Schulen, Musikunterricht, Musikpädagogik, Unterrichtsmedien, Schule allgemein“, „Hochschulen, Universitäten, Lehre, Musiktheorie“ oder „Musikzeitschriften, Online-Magazine zur Musik“ orientieren.

Eine weitere Linksammlung mit Website-Empfehlungen, die interessante Aspekte der Musikpädagogik beinhalten (Musiklehre und Unterrichtsanregungen, Musiksoftware, Multimedia), bietet zudem die Chance des fachlichen Gedankenaustauschs in Diskussionsforen, in denen Vertreter der verschiedensten musikalischen Fachgebiete (Musikpädagogen, Musikwissenschaftler, Musikinformatiker, Musikjournalisten, Komponisten, Verleger, Musiker, Musikinteressierte) über ihre Arbeitsfelder kommunizieren. Diese Linksammlung, die außerdem Zugangsmöglichkeiten zum Deutschen Bildungsserver (Fachgebiet Musik), zum Deutschen Musikinformationszentrum und zum European Music Journal (Themen: Musikpraxis, Musikunterricht, Forschung und Lehre, Kinder- und Jugendkulturen, Musik und Medien, Bildungspolitik) gewährt, ist über die Adresse http://www.learn-line.nrw.de/angebote/musiklinks/ zu finden. Für die musikpädagogisch geprägten Ausrichtungen „Schulmusik“ und „Musikerziehung“ stehen die Seiten http://www.dirk-bechtel.de (Schulmusik-Links) und http://www.lehrer-online.de mit Kontaktadressen, nützlichen Tools und Materialien oder Unterrichtsvorschlägen zur Verfügung.

Zum Abschluss soll der Aspekt „Musikpädagogik und Multimedia“ anhand einiger im Internet dargebotener Gestaltungen beleuchtet werden, die deutlich erkennen lassen, dass die Vermittlung musikalischer Inhalte mit Hilfe des Computers nicht nur vielseitige, sondern geradezu vielschichtige Äußerungsarten durch die Verknüpfung von Wort und Bild, Notentext und Sprache mit Musik oder MIDI-Dateien aufweist. Die Entwicklung musikpädagogisch sinnvoller multimedialer Unterrichtsmaterialien kann zur Erstellung kleinerer Lerneinheiten führen oder gar ein Lernprogramm von größerem Umfang, das auf der Grundlage einzelner Lektionen konzipiert ist, hervorbringen. Über eine speziell zum Thema „Zwölftonmusik“ entwickelte Unterrichtsmethode auf Experimentierbasis berichten Schülerinnen einer 12. Klasse auf der Seite http://www.musiker.at/sengstschmidjohann/kreative-musikerziehung.php3. Der Background zum methodischen Verfahren wird in Verbindung mit einigen Bemerkungen zur Durchführung des Experiments kurz dargestellt und durch eingebundene Bild- und Sounddateien sinnvoll ergänzt.

Für die multimediale Aufbereitung der Themen Harmonielehre 1 oder Jazz-Arrangement 2 sei an dieser Stelle nochmals auf die Seite des „Musicweb“ verwiesen, über die entsprechende Links aufzurufen sind. Einen Einblick in separat lauffähige Multimedia-Gestaltungen (zumeist „Flash“-Filme) gewinnt man, wiederum ausgehend von der o. a. Musicweb-IPMM-Seite, in dem Kapitel „Musik und Computer/Multimedia“, während schließlich das Ergebnis des multimedialen EU-Projekts „Connect“, das ebenfalls mit der IPMM-Seite verlinkt ist, den Anspruch einer in sich geschlossenen Multimedia-Präsentation mit einzelnen Lektionen auf sich vereinen kann.

Die Einbeziehung von Multimedia- bzw. Internetpräsentationen in die Musikpädagogik ist, wie man anhand der Beispiele erkennen kann, längst über das Anfangsstadium der bloßen Beteiligung an einem neuen Trend hinausgewachsen und zu einer eigenen Vermittlungsebene kreativ aufbereiteter musikalischer Themenkomplexe geworden. Angesichts dieser Tatsache macht es wenig Sinn, sich dieser Entwicklung zu entziehen, weil man dann nicht nur gelegentlich „auf dem Schlauch stehen“ wird, sondern bald von einem ganzen Bereich der Musikwelt, der Musik im World Wide Web ausgegrenzt sein wird.

1 daraus besonders zu empfehlen: interaktiver Film zur Quintfallsequenz aus dem Abschnitt „Sequenz, diatonische Quintfallsequenz“ sowie das bewegte Bild „Planeten“ und die klingende Übersicht über die Funktionen und ihre Verwendung in der Kadenz aus dem Abschnitt „Die Kadenz und ihre Funktionen“. Außerdem: näheres über den Kantionalsatz aus dem Abschnitt „Vierstimmiger homophoner Satz (Kantionalsatz)“.
2 daraus besonders zu empfehlen: Farben der Kirchentonarten „dorisch, phrygisch, lydisch, mixolydisch“ aus dem Abschnitt „Kirchentonleitern (Modi)“ und „Das vierstimmige Standard-Voicing“.

 

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