Martin, Kai

Warum musizieren wir?

Über den Spaß beim Instrumentalspiel

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2014 , Seite 47

Warum spielt man ein Instrument?1 Was für eine Frage, werden manche denken. Die Antworten liegen doch auf der Hand: Musizieren macht Spaß, es schafft soziale Kontakte, es macht, wie es immer wieder heißt, intelligent.2 Damit ist der “Nutzen” des Musizierens allerdings nur ungenau beschrieben. Das gilt vor allem auch für die erste Antwort. Was genau meinen wir eigentlich, wenn wir sagen: Musizieren macht Spaß?

Dass Musizieren Spaß macht, hat man inzwischen auch im Musikunterricht an allgemein bildenden Schulen bemerkt. Er hat sich in den vergangenen Jahren geändert und ist musizierfreundlicher geworden, das heißt immer mehr Musiklehrerinnen und -lehrer nutzen die Unterrichtszeit zum Musizieren mit ihren Schülerinnen und Schülern. Flankiert wird diese Entwicklung durch die musikpädagogische Konzeption des Aufbauenden Musikunterrichts, in der das Klassenmusizieren eine wichtige Rolle spielt. Außerdem werden an vielen Schulen Projekte wie Bläserklassen, Chorklassen, Band-Klassen usw. erfolgreich durchgeführt. Dass solche Projekte gelingen, ist auch den Musikschulen zu verdanken. Sie stellen sicher, dass der dafür notwendige Instrumentalunterricht in professionellen Händen liegt. Und so gibt es mittlerweile viele Beispiele für eine erfolgreiche, beide Seiten befruchtende Zusammenarbeit von Musikschule und allgemein bildender Schule.
Allerdings wird diese Vorliebe für das Musizieren nicht von allen geteilt. Immer wieder wird kritisch angemerkt, dass sich Musik­unterricht mit dem Schwerpunkt Musizieren lediglich in blindem Aktionismus erschöpfe. Um diesen Vorwurf zu entkräften, finden in Deutschland seit einiger Zeit Bemühungen statt, die Musizierpraxis theoretisch zu untermauern. Diese Bemühungen schließen an eine Diskussion an, die seit etwa Mitte der 1990er Jahre in Nordamerika geführt wird. Da das Thema „Spaß“ in dieser Diskussion eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, werde ich einige Argumente daraus aufgreifen und erläutern.4

1 Dieser Text ist ein Teil meiner Antrittsvorlesung, die ich am 24. April 2013 an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar gehalten habe. Ein weiterer Teil ist veröffentlicht unter dem Titel: „Warum ist Musik wichtig? Zur Diskussion über musikalische Bildung“, in: TransPositionen. Aktuelle Informationen des VDS-Bundesvorstands, Zeitung des Verbands Deutscher Schulmusiker, Ausgabe 7/September 2013 (Beilage der neuen musikzeitung 9/13), S. 6-7.
2 Dass Musizieren intelligent macht, stimmt leider nicht. Vgl. Eckart Altenmüller: „Macht Musizieren intelligent? Musikalität und Intelligenz unter der Lupe der Hirnforschung“, in: mip Journal 2/2001, S. 4-13.
3 Diese Frage bedarf einer umfassenden Untersuchung. Ich kann mich hier lediglich auf wenige prominente Beispiele beziehen.
4 Im Rahmen dieses Beitrags beschränke ich mich auf zwei Texte, die für meine Fragestellung wesentliche Anregungen geben.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 6/2014.