Poell, Hubert
Welchen Raum braucht Musikschule?
Überlegungen zu einer bedarfsgerechten und nachhaltigen Raumplanung
Sinnvolle Infrastruktur für einen kreativen Unterricht, kompatible Mehrfachnutzung von Räumen für kulturellen Wissens- und Erfahrungsaustausch, Vermittlung eines Bewusstseins für Ästhetik, Struktur und Form als Impuls für eigenständige Musikausübung: Nachhaltigkeit lässt sich bewusst gestalten.
Die Musikschule ist ein Ort, an dem Kunst und Kultur erlernt, produziert, aufgeführt und reflektiert werden können. Sie ist aber auch ein Ort, an dem verschiedene soziale Interessens- und Altersgruppen zusammenkommen und Interaktionen vor dem Hintergrund kultureller Vielfalt ermöglicht werden. Das Spektrum der Aktivität von Musikschulen beginnt bei der Bereitschaft, aktiv an die Öffentlichkeit zu gehen und systematisch auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger, regionaler und überregionaler kulturell tätiger Vereine und öffentlicher Institutionen einzugehen, und geht bis zur Durchführung übergreifender Projekte, die zeigen, wie Musikschularbeit verschiedenste soziale Interessens-, Gesellschafts- und Altersgruppen zusammenbringen kann.
Musikschulen sind somit Zentren kultureller, künstlerisch-musikalischer Bildung. Als Bildungsinstitutionen und Kulturbetriebe verfügen Musikschulen über Strukturen und Potenziale, die nicht nur regelmäßig zu kulturellen Angeboten im Jahresablauf führen, sondern auch die Qualität und die Vielfalt des kulturellen Angebots in der Gemeinde mitbestimmen. Aber welche Räume brauchen solche Zentren für ihre nachhaltige Arbeit?
Den Raum im Blick
Musikschulunterricht fragt oft nicht nach dem Wo. Musikschulunterricht geht immer und überall: Musiziert bzw. unterrichtet wird dort, wo Platz ist – ob in den Räumen des örtlichen Gemeindeamts, im Musikhaus der Blasmusik oder im Klassenzimmer der Volksschule, das nachmittags frei ist. So viel zum Pragmatischen.
Aber: „Ein Kind hat drei Lehrer: Der erste Lehrer sind die anderen Kinder. Der zweite Lehrer ist der Lehrer. Der dritte Lehrer ist der Raum.“1 Spätestens wenn die Frage nach der Qualität des Erlebens von Unterricht gestellt wird, nach der Freude, mit der man ein Schulgebäude, ein Unterrichtszimmer betritt, wie sehr man sich willkommen fühlt, wie man die Lernumgebung wahrnimmt; spätestens dann wird die Frage der Architektur zum Thema.
Auf die Frage nach den Gütekriterien von Musikschulunterricht gibt es von pädagogischer Seite eine Reihe fundierter Antworten, beispielsweise im Hinblick auf spezifische Fragen der Unterrichtspraxis (etwa im Zusammenhang von Leistungserwartungen oder die Art und Weise der Rückmeldungen über die Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler). Die Kriterien „Raum“ oder eine damit verbundene „Nachhaltigkeit“ jedoch kommen bei vielen Untersuchungen zur Frage guter Musikschulpraxis nur am Rande beziehungsweise gar nicht vor. Und das, obwohl jede Lehrperson aus täglicher Erfahrung weiß, wie schnell aus gut geplantem Unterricht ein schlechter wird, wenn das Klassenzimmer für Gruppenunterricht viel zu klein, die Raumausstattung unzureichend ist und offene Aktionsmöglichkeiten ausgeschlossen sind.
Wie können Architektur, Infrastruktur und Raumplanung zu nachhaltiger Musikschulpraxis beitragen? Wie kann eine (neue) Musikschule als ein Ort gestaltet werden, an dem SchülerInnen (gemeinsam) lernen, wo sich verschiedenste kulturell Interessierte, wo sich Kultur, Bildung und Bildungsvermittlung treffen?
1 zit. nach Seydel, Otto: „Pädagogische Überlegungen zum Thema Schulbau“, Institut für Schulentwicklung, Überlingen 2009, www.zukunftsraum-schule.de/pdf/information/schulgestaltung/Der_dritte_Lehrer.pdf (Stand: 3.9.2025).
Lesen Sie weiter in Ausgabe 5/2025.