Schumann, Robert

Werke für Klavier zu vier Händen

Urtext der neuen Schumann-Gesamtausgabe, Band 1 und 2

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Wiener Urtext, Wien/Mainz 2008
erschienen in: üben & musizieren 5/2009 , Seite 58

Gegenüber der großen Zahl seiner Solowerke für Klavier wirken die fünf Zyklen von Originalwerken, die Schumann für Klavier zu vier Händen hinterlassen hat, eher bescheiden. Bis heute sind davon eigentlich nur die Bilder aus Osten fest im Repertoire für diese Besetzung verankert. Die vorliegende Sammlung könnte dazu anregen, auch die anderen vierhändigen Stücke mehr zur Kenntnis zu nehmen, was auf jeden Fall lohnenswert ist, seien es die frühen, noch von Schubert beeinflussten Polonaisen oder die ca. 20 Jahre später erschienenen Stücke der anderen Zyklen.
Der erste der vorliegenden Bände enthält die etwas leichteren, wohl teilweise durchaus mit pädagogischen Absichten komponierten Werke Schumanns, der zweite die schwierigeren. Zusätzlich wurden in den zweiten Band die drei Fantasiestücke für Klarinette und Klavier aufgenommen, die Schumanns Zeitgenosse Friedrich Gustav Jansen für Klavier zu vier Händen bearbeitet hat. Die Tatsache, dass diese Variante von Schumann durchgesehen und sozusagen autorisiert worden ist, veranlasste den Herausgeber Joachim Draheim, die Stücke hier zu berücksichtigen, was zweifellos ein Gewinn ist.
Draheim beschreibt in den jeweiligen (auch in englischer und französischer Übersetzung vorhandenen) Kommentaren ausführlich die Entstehungsgeschichte der Stücke und erläutert die Bedeutung, die das Vierhändigspiel und das Komponieren für diese Besetzung für Schumann hatte. Der Leser erfährt, dass sowohl das erste überlieferte Klavierstück Schumanns als auch das letzte, an dem er kurz vor seinem Tode noch gearbeitet hat, vierhändige Werke waren. Beziehungen zwischen den vierhändigen und den zweihändigen Werken werden angedeutet (z. B. die Übernahme von thematischem Material aus den frühen Polonaisen in die Papillons op. 2).
Jeder Band wurde außerdem von einem Klavierduo hinsichtlich der praktischen Einrichtung betreut, was für Praxisnähe bürgt. In Band 1 besorgten Noriko Ishikawa-Kratzer und Manfred Kratzer die Fingersätze; in Band 2 geben Ljiljana Borota und Christian Knebel neben den Fingersätzen und kleinen Kommentaren zu jedem einzelnen Stück auch nützliche Hinweise zu Fragen der Tempowahl, der Dynamik und der Pedalisierung. Als praktisch erweist sich die Markierung derjenigen Noten im Text, die gleichzeitig von beiden Spielern benutzt werden müssen (bzw. jeweils von einem der Partner ausgespart werden können).
Insgesamt kann man lediglich bedauern, dass es sich seit dem 19. Jahrhundert – vermutlich wegen der häufigen Benutzung als Hausmusik – eingebürgert hat, bei vierhändiger Literatur auf einen Druck in Partituranordnung zu verzichten und stattdessen jeden Part auf einer gesonderten Seite zu notieren. Eine sorgfältige Erarbeitung vierhändiger Stücke gestaltet sich dadurch immer schwieriger, als es bei einer Partitur der Fall wäre.
Linde Großmann