© Inken Kuntze-Osterwind

Bossen, Anja

Wie spreche ich?

Sprachbewusster Instrumentalunterricht als didaktische ­Notwendigkeit

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 2/2018 , Seite 50

Das Verhältnis von Sprache und Musik ist seit Jahrzehnten ein viel diskutierter Gegenstand sowohl der Musikwissenschaft als auch der Musikpädagogik. Dabei standen bisher Überlegungen zu den Parallelen und Unterschieden der Systeme “Sprache” bzw. “Musik” im Fokus. Doch ergeben sich künftig für die Musikpädagogik neue Aufgaben.

Die wissenschaftliche Musikpädagogik hat sich mit Sprache bislang überwiegend aus zwei Perspektiven auseinandergesetzt: zum einen aus der Perspektive des eigenen Sprachgebrauchs innerhalb des musikpädagogischen Diskurses und zum anderen mit dem Sprechen über Musik, insbesondere im schulischen Musikunterricht. Bei den bisher vorliegenden Publikationen handelt es sich mehrheitlich um theoretische Beiträge zur metaphorischen Sprache. Darüber hinaus liegen einige empirische Arbeiten zur Vermittlung musikalischer Fachsprache im schulischen Musikunterricht vor, allerdings ist die Studienlage insgesamt als eher defizitär zu bezeichnen.
Mit den sich seit einigen Jahren verstärkenden bildungspolitischen Bemühungen um die Verbesserung der deutschsprachigen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen – aktuell wird bundesweit bei bis zu 25 Prozent aller Kinder eines Jahrgangs im Jahr vor der Einschulung Sprachförderbedarf diagnostiziert, der sich auch im Verlauf der Schulzeit nicht immer abbauen lässt – ergeben sich auch für die Musikpädagogik neue Fragestellungen, Aufgaben und Perspektiven. So wird mittlerweile an den schulischen Musikunterricht wie auch an alle anderen Unterrichts­fächer die Anforderung herangetragen, zur sprachlichen Kompetenz der SchülerInnen beizutragen, das heißt den Fachunterricht Musik „sprachsensibel“, „sprachaufmerksam“ oder „sprachbewusst“ auszugestalten. Entsprechend wird die Befähigung zur Sprach­bildung und zum Umgang mit sprachlicher Heterogenität allmählich in die Aus- und Weiterbildung von Musiklehrenden an allgemeinbildenden Schulen implementiert, allerdings noch bevor sich die Musikdidaktik mit der Thematik tatsächlich befasst hat und ­ohne dass – abgesehen von einigen wenigen Studien – Untersuchungen zur Verwendung von Sprache im Musikunterricht vorliegen, die eine Basis für die Konzeption eines sprachsensiblen Musikunterrichts bilden könnten.

Sprache in der fachdidaktischen Ausbildung von Instrumental- und Vokallehrkräften

Noch weniger scheint das Thema Sprache in der Ausbildung und im fachdidaktischen Diskurs von Instrumentallehrkräften eine Rolle zu spielen. Für diesen Bereich liegen noch weitaus weniger Publikationen zum Thema „(Unterrichts)sprache“ vor als für den schulischen Musikunterricht.1 Auch eine aktuelle Analyse einiger fachdidaktischer Modulbeschreibungen für angehende InstrumentalpädagogInnen aus sechs verschiedenen Musikhochschulen (Detmold, Universität der Künste Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Rostock und Stuttgart) vermittelt ein ernüchterndes Bild: Sofern die Begriffe „Sprache“, „Sprechen“ oder „Kommunikation“ überhaupt als Lehrinhalt benannt werden, handelt es sich entweder um Sprache als ästhetisches Medium, das heißt als Ausdrucksmittel (dies vor allem in der EMP), oder aber um die eigene Kommunikationsfähigkeit der Studierenden, die ausgebildet werden soll. Obwohl sich aufgrund der Modulbeschreibungen allein nicht mit Sicherheit bestimmen lässt, ob und inwiefern die sprachlichen Fähigkeiten der SchülerInnen in die Lehrinhalte einbezogen werden, scheint dies weitgehend den DozentInnen überlassen zu sein.

1 vgl. beispielsweise den Abschnitt „Unterrichtssprache“ in Anselm Ernst: Lehren und Lernen im Instrumental­unterricht. Ein pädagogisches Handbuch für die Praxis, Schott, Mainz 1999 (ergänzte Auflage), S. 145-156; ­Ulrich Mahlert: Wege zum Musizieren. Methoden im ­Instrumental- und Vokalunterricht, Schott, Mainz 2011, S. 205-218 (Abschnitt „Kommunikation“); Ulrich Mahlert: „Kommunikation im Unterricht“, in: Barbara Busch (Hg.): Grundwissen Instrumentalpädagogik. Ein Wegweiser für Studium und Beruf, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2016, S. 193-217.

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