Seidler, Hartmut

Zähmer der Zeit

Berufsalltag, Familie und Freundeskreis erfordern gutes ­Zeitmanagement

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 1/2013 , Seite 12

Nichts ist flüchtiger als die Zeit. Als Musiker, Musikpädagoge und auch privat gibt mir die Zeit den Takt vor – vom Rhythmus eines Stücks bis zur Terminplanung für das neue Schuljahr. Besonders in der heutigen Zeit, die durch den schnell schlagenden ökonomischen Puls davonzurennen scheint, ist die Fähigkeit zum richtigen Zeitmanagement die halbe Miete.

Seit 25 Jahren bin ich mit einer Festanstellung als Querflötenlehrer und Ensembleleiter an der Stadtjugendmusik- und Kunstschule Winnenden beschäftigt. Der Arbeitstag beginnt meist am späten Vormittag mit Grundschulprojekten. Gegen 14 Uhr fangen Einzel- oder Gruppenunterricht in der Musikschule an. Gegen Abend gebe ich unter anderem Musiktheoriekurse und leite Ensemble- und Orchesterproben. Unterrichts- und Probenvorbereitungen, Schulinstrumentenverwaltung, Sonderproben, Sitzungen und andere Besprechungen finden in der Regel vormittags oder in den Ferien statt. Hinzu kommt natürlich noch die Zeit für die eigene musikalische Weiterbildung und das Üben.
Im Lauf des Jahres gibt es mehrere Konzerte, den Tag der offenen Tür, Musikschul- und ­Infotage, Elterngespräche, Klassenvorspiele und andere Aufführungen. Da Schülerinnen und Schüler immer häufiger keine Zeit für ­Instrumental- oder Gesangsunterricht während der Woche haben, gibt es eine eindeutige Tendenz zu regelmäßigem Unterricht am Samstagvormittag. Für einige meiner KollegInnen entspricht das heute schon der Realität. In meinem Beruf gibt es also viele Baustellen und somit ist ein gutes Zeitmanagement von enormer Bedeutung. Flexibilität ist unabdingbar!
Da ich in Vollzeit als Pädagoge beschäftigt bin, nimmt die eigentliche Unterrichtstätigkeit im Vergleich zu den oben aufgeführten anderen Aufgaben wie der persönlichen Weiterbildung oder Verwaltungsaufgaben und Vorbereitung den größten Teil der Zeit in Anspruch. Wenn man miterleben kann, wie die Schülerinnen und Schüler mit Spaß und Engagement bei der Sache sind, Fortschritte in der Verbesserung und Differenzierung des Spiels erleben und daran Freude empfinden, ist das für mich als Musiker und Pädagoge sehr erfüllend.
Die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler über einen längeren Zeitraum mitzuerleben, Projekte gelungen abzuschließen und auch den Stolz der Eltern bei Konzerten oder Vorspielen zu sehen, das gehört für mich definitiv zu den schönsten Seiten meines Berufs. Es gibt immer wieder neue Projektmöglichkeiten und Herausforderungen, die den alltäglichen Unterricht bereichern. Auch wenn es natürlich immer wieder schön ist, neue Projekte auf den Weg zu bringen und neue Schülerinnen und Schüler dazuzubekommen, ist es Jahr für Jahr auch traurig, fortgeschrittene Schülerinnen und Schüler, die man über einen langen Zeitraum begleitet hat, in die „große weite Welt“ zu entlassen und hart erarbeitete Projekte abzuschließen.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2013.